Inselklang: Zum Ursprung der Töne


Susanne Burmester lebt seit 1990 auf Rügen. Sie schreibt über Kunst und Künstler, für spannende touristische Imageprodukte und gerne über kulturelle Höhepunkte des Insellebens. Als Galeristin für zeitgenössische Kunst ist sie viel unterwegs. Das schärft den Blick für das Glück... mehr

Sie verbindet ein Freundschaftspakt – anders wäre ihre gemeinsame Arbeit auch kaum denkbar. Mit ihrem Kollektiv „Inselklang“ suchen Jannis Tolk, Malte Sodmann und Paul Reiß nicht nach Profit, sondern nach dem bestmöglichen Klang. Eher zufällig sind die drei darauf gekommen, ihre Klangkörper selber zu bauen. Angeregt durch die Soundsystems auf Jamaika, fertigen sie in präziser Handarbeit und gestützt auf ihre eigene Schwarmintelligenz skulpturenartige Lautsprecher. Während die Rastafari mit ihrer Beschallung öffentlicher Plätze vor allem eine spirituell-philosophische Botschaft zum Publikum bringen wollen, sind die drei Rüganer frei von missionarischem Eifer. Ihre Arbeit speist sich aus dem Wissen der Tontechnik, der Architektur und der Physik, und ist dennoch mindestens so viel Kunst wie Können.

Die Suche nach dem echten Klang

InselklangSie kennen die Kraft der Töne. Ihr Volumen reicht vom Grummeln eines herabstürzenden Bergmassivs über den Gesang der Wale und Vogelstimmen bis zu den Ortungstönen der Fledermäuse, die für Menschen nicht mehr hörbar sind. Entsprechend müssten Lautsprecher immer größer werden, je mehr Volumen die Töne haben. Mittlerweile verfügen die Künstler von Inselklang über eine Vielzahl unterschiedlicher Lautsprecher, die sie modular einsetzen können. Dies ermöglicht ihnen experimentell nach neuen Ausdrucksformen und ungewöhnlichen Zusammenhängen zu suchen, dies mag der Wald sein oder eine Kirche oder ein Stadion.

Der Architekt, der Veranstaltungstechniker und der Physiker suchen nach der direktesten Verbindung zwischen einem Ton und dessen Wiedergabe. Darum streben sie in ihren diversen Projekten danach, die gesamte Reproduktionskette, von der Aufnahme bis zum Hörerlebnis, zu betrachten. Einfach eine komprimierte und daher minderwertige MP3-Datei über die von ihnen gebauten „Hörner“ abzuspielen, kommt für sie nicht infrage. Am liebsten füttern sie diese nur mit erstklassigen Aufnahmen auf Vinyl vom Plattenspieler. Dabei geht es ihnen nicht um Schönheit, sondern um Authentizität. Wenn Musiker einen dreckigen Sound erzeugt haben, dann geht es darum, auch dieses künstlerische Ziel adäquat zu vermitteln.

Die Natur als Reflexionsfläche

Auch wenn die drei von Inselklang immer wieder für Auftraggeber arbeiten – im Kern verstehen sie sich als Künstler. Mit ihren freien Projekten bewegen sie sich im Kontext einer internationalen Kunstszene, die Gemeinschaft stiften und die Wahrnehmung verändern will. Im letzten Winter luden sie daher ein Notstromaggregat und eines ihrer Hörner in den Bus um den vereisten Kreidesee zu bespielen. Am Ufer liegend sendete der Lautsprecher eine Stunde lang Brunftgesänge, Vogelstimmen und experimentelle Klänge in den umliegenden Wald und nutzte dabei die Eisfläche als Reflexionsfläche.

„Wir befinden uns auf einer gemeinsamen Reise. Im vergangenen Jahr sind wir auf diversen Veranstaltungen aufgetreten – nun wollen wir uns verstärkt freien Projekten widmen. Das ist der eigentliche Kern unserer Arbeit: Klang und Skulptur im öffentlichen Raum einzusetzen“, so die Künstler von Inselklang. Weil Klang jeden auf einer emotionalen Ebene erreicht, ist es ein extrem demokratisches Medium der Kunst. Noch dazu sprechen Töne, so wie Inselklang sie einsetzt, nicht nur die Ohren an, sondern auch die Augen – und sie verändern das Gefühl für den Raum. Aktuell träumt das Kollektiv von einem riesigen Basshorn aus Beton, das im öffentlichen Raum von jedem genutzt werden kann.

Diese und viele weitere Insel-Geschichten findet ihr in unserem neuen Magazin Rügen Pur.


Kommentare sind geschlossen.