Ulrich Müther: Schalenbauten in Mecklenburg-Vorpommern


Holger Vonberg ist gebürtiger und bekennender Rüganer. Sein Berufswunsch als Zweijähriger: „Urlauber Baabe“. Das hat nicht ganz geklappt. Ab 1991 war er als Journalist u. a. für den NDR, die OZ und den „Urlaubs-Lotsen“ auf der Insel unterwegs. Bis März... mehr

Willkommen zu einer Zeitreise durch ostdeutsche Architekturgeschichte: Sie währte so lange wie die DDR, prägt aber noch heute das Gesicht vieler Städte und Dörfer im Osten Deutschlands. Zu finden sind noch immer Bungalows „Typ Bitterfeld“, Gartenhäuser „Brandenburg“, die Einfamilienwohnhäuser mit der Bezeichnung EW 65B oder die norddeutschen Eigenheime Typ 83G oder 123G, gebaut vom VEB Vereinigte Bauelemente Stralsund.

An die DDR erinnern auch Plattenbausiedlungen – und die architektonischen Raritäten des Rügener Landbaumeisters Ulrich Müther (1934-2007) aus Binz, die sogenannten Hyparschalen, über die wir Inselexperten in unserem Onlinemagazin schon einige Beiträge veröffentlicht haben.

Im Niggli-Verlag (Zürich) ist inzwischen die vierte Auflage des Buches „Ulrich Müther – Schalenbauten in Mecklenburg-Vorpommern“ erschienen, ein handliches, informatives, reich bebildertes und gut recherchiertes Architekturbuch, das wir Inselexperten gern auch als hochwertigen Reiseführer für besonders Interessierte einstufen, ein Buch, das 2009 zurecht mit dem DAM Architekturbuchpreis ausgezeichnet wurde.

In Zusammenarbeit mit dem Müther-Archiv der Hochschule Wismar ist es den Autoren und Architekten Rahel Lämmler und Michael Wagner aus der Schweiz gelungen, ein umfassendes Werkverzeichnis von Ulrich Müther für Rügen und Mecklenburg-Vorpommern aufzuzeigen, denn im Norden startete er seine Karriere als Schalenbaumeister der DDR.

Nirgend sonst gibt es so viele Hyparschalenbauten von ihm in einer Region wie auf Rügen.

Mit dem Buch in der Hand können wir zu einer Inselrundreise starten, können aber auch Ausflüge nach Stralsund, Rostock, Neubrandenburg, Wismar oder Schwerin unternehmen. Überall dort stoßen wir auf seine „kühnen Solitäre“, wie sie der Autor Wilfried Dechau in seiner längst vergriffenen Publikation aus dem Jahr 2000 bezeichnete.

Vorgestellt werden auch Müthers Schalenbauten in Deutschland und weltweit.

Mir gefällt an dem Buch von Rahel Lämmler und Michael Wagner, dass sie den Leser mit Gastbeiträgen von Professor Georg Giebeler und von Prof. Dr. Massimo Laffranchi mitnehmen in die Architekturgeschichte der Schalenbauten, zu den Vordenkern, Vorbildern und Weggefährten Müthers, zu Freyssinet, Finsterwalder, Torroja, Candela oder Erich Kaufmann. Wir erfahren, wie Müther experimentierte, rechnete, plante und auch als Bauausführender seinen eigenen Weg ging, um mit seinen Mitarbeitern, Visionen wahr werden zu lassen.

Einige seiner denkmalwürdigen, filigranen und dennoch stand- und dauerhaften Bauten sind inzwischen dem Abriss zum Opfer gefallen, weil der Baugrund für andere Projekte kostbarer schien oder die weitere Nutzung der vorhandenen Hyparschalen als wenig wirtschaftlich eingestuft wurde. Andere Bauten hingegen wurden und werden liebevoll, aufwändig und fachgerecht saniert – wie die Ostseeperle in Glowe.

2014 hat die Wüstenrot-Stiftung nun etliche Bauwerke von Müther begutachtet und zwei ausgewählt, um die Möglichkeiten einer denkmalpflegerischen Instandsetzung auszuloten: den ehemaligen Rettungsturm der Strandwache in Binz von 1981 und den Musikpavillon „Kurmuschel“ in Sassnitz von 1987. In diesem Jahr beginnt mit Hilfe einer großzügigen Spende der Wüstenrot Stiftung die Sanierung.

Vielleicht finden dann in einer nächsten überarbeiteten Auflage des Mütherbuches neue Bilder vom Rettungsturm in Binz, von der Kurmuschel, dem Speisesaal im ehemaligen Pionierlager Ernst Thälmann oder von der Ostseeperle Platz in dieser hochwertigen Publikation.

 

 

Das Buch „Ulrich Müther – Schalenbauten in Mecklenburg-Vorpommern“ von Rahel Lämmler und Michael Wagner ist im Niggli-Verlag (Schweiz) auf Deutsch erschienen mit 120 Seiten, 80 Abbildungen, 13.5 x 17 cm, Klappenbroschur.

ISBN 978-3-7212-0662-3

Das Buch kostet 25 Euro.

 


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