Ernst Moritz Arndt – eine Nachbetrachtung: Eine Persönlichkeit der nationalen Freiheit 
des 19. Jahrhunderts 
Teil 3/3


Seit 1755 leben die Vorfahren von Uwe Hinz als Bürger in Bergen auf Rügen. Hier stand 1948 auch seine Wiege. Sein Interesse für Geschichte, Archäologie und die Bücherwelt sind Bestandteil seines Lebens. Der Kürschnermeister lebt und arbeitet mit seiner Frau... mehr

Ernst Moritz Arndt stand für eine Zeit der Widersprüche, des Fortschritts und des feudalen Denkens.

Wir müssen Arndt heute als Kind des 19. Jahrhunderts sehen und da war er ein Patriot in Wort und Tat, jedoch behaftet mit den Insignien seiner Zeit. Das ausgehende 18. Jahrhundert mit der Französischen Revolution 1789 brachte die in den freimaurerischen Logen geborenen Gedanken Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit zum Tragen. Im 19. Jahrhundert  fand in Deutschland nach der französischen Fremdherrschaft, der nachfolgenden bürgerlichen Revolution von 1848 und der Errichtung eines Nationalparlaments in Frankfurt am Main der  Beginn einer Demokratisierung statt. Diese endete jedoch in einer politischen Restaurierung. Nicht zu vergessen ist die aus England kommende Industriealisierung und das Erstarken der unteren Volksschichten.

Während seiner Schwedenzeit weilte Arndt vom 01. – 05 September  1804 bei dem seinerzeit fortschrittlichen Grundbesitzer Baron Maclean auf Svaneholm.

Dieser hatte Teile seines Besitzes  an frühere Untertanen und landarme Bauern gegeben. „O mein Vaterland! Wann wird dein Maclean auferstehen? Wann wird man begreifen lernen, daß es gleich schändlich und dumm, eine Sünde an Gott, der Erde und den Menschen ist, Menschen als Sklaven zu gebrauchen?“

Das fortschrittliche Bürgertum strebte zwar nach Gleichheit, tat sich jedoch schwer mit der Integration von Minderheiten mit ihren Kulturen in die Gesellschaft. Deutschland nach den Befreiungskriegen befand sich im nationalen Taumel und im Begriff einer inneren Reinigung, nicht nur von den zu der Zeit verhassten Franzosen.

Am Grabe Schills in Stralsund wurde zu dessen 50. Todestage am 31. Mai 1859 eine Gedächtnisfeier abgehalten , bei der durch Professor Zober Arndts Schill- Gedicht vorgetragen wurde, verbunden mit einem Huldigungstelegramm an ihn.

Das Lied vom Schill ( 1812 – 16 Strophen)

Strophe 14 und 15
Sie schnitten den Kopf von dem Rumpf ihm ab
              
Und warfen den Leib in ein schlechtes Grab,
                  
Da schläft der fromme, der tapfere Held,
               
Ihm ward kein Stein zum Gedächtniß gestellt;
                    
Doch hat er auch keinen Ehrenstein,
…

 

Arndt war, wie sein Vorbild der Philosoph Johann Gottlieb Fichte, ein fortschrittlicher Geist der Aufklärung, für ein befreites einig deutsches Reich.

Er trat vehement  gegen die Leibeigenschaft auf und ertrug heldenhaft die Repressalien von Unterdrückung und Bevormundung. Dafür gebührt Arndt bis zum heutigen Tag Ehre und Anerkennung. Dabei dürfen wir seine zeitgemäße Einstellung zu den Juden nicht unter den Tisch kehren. Diese Übernahme des Denkens über die Juden seit Jahrhunderten prägte auch sein Zeitbild. So finden wir bei Arndt nachfolgende Gedanken: „Die Juden mit ihrer schroffen und alles andere feindseligen Art stehen völlig außerhalb dem Christentum, ja sie haben eine viel entferntere Berührung mit dem selben, als man bei dem ersten Blick glauben sollte. … Man soll die in Teutschland geborenen Juden nach den Gesetzen unseres menschlichen Evangeliums als teusche Landsleute betrachten und sie als solche schirmen und schützen und ihnen die Vorteile der bürgerlichen Gesellschaft so weit zukommen lassen, als es ihre Verträglichkeit mit Staaten, die auf ganz anderen inneren Grundsätzen gebaut sind, irgend erlaubt.“ Noch drastischer äußerte sich Arndt später in „Blick aus der Zeit auf die Zeit“: „Die Juden als die Juden passen nicht in diese Staaten und diese Welt hinein und darum will ich nicht, daß sie auf eine ungebührliche Weise in Teutschland vermehret werden. … Ich will es aber auch deshalb nicht, weil sie ein durchaus fremdes Volk sind und weil ich den germanischen Stamm so sehr als möglich von fremdartigen Bestandteilen rein zu erhalten wünsche“.

Der alte weise Arndt relativierte dann seine Meinung mit den Worten, dass er diesbezüglich manches weit überzogen habe!

Vielleicht hatte sich Arndt daran erinnert, das die Juden in den Kriegen einen hohen Blutzoll für die Heimat gegeben hatten und durch ihre Fähigkeiten in Handwerk, Finanzen, Kunst und Gesellschaft das Wohl „Teutschlands“ nicht unbedeutend förderten.

Jede Gesellschaft hat Arndt für sich vereinnahmt.
 Der Nationalsozialismus sah in Arndt einen Vorreiter für reines nationalistisches Denken und seine ablehnende Haltung zu Fremdartigem. „…  Arndt  habe stets für Freiheit, die Ehre und die Macht des Deutschen Vaterlandes an erster Front gekämpft.“ 
So verlieh das preußische Staatsministerium unter Hermann Göring im Mai 1933 auf Antrag des „Stahlhelms“ der Universität Greifswald den Namen Ernst Moritz Arndt.

Die DDR sah nach 1949 in Arndt den  Kämpfer gegen Feudalismus und Vorbild für die Freundschaft mit Russland.
 So verlieh der Nationalrat der DDR den Kulturpreis, die Ernst Moritz Arndt Medaille, mit Bildnis und Umschrift „ Das ganze Deutschland soll es sein“.

Nach der Einheit Deutschlands 1990 wurde Arndt differenzierter gesehen. Sein patriotischer und unbeugsamer Geist nötigt uns Bewunderung ab. Seine Haltung zu „Fremdartigem “ ist in seiner Zeit verständlich, jedoch seine antisemitischen Äußerungen für die Menschen des 21. Jahrhunderts in einer Welt der globalen Abhängigkeit nicht mehr zu tolerieren.

Die Würdigung Arndts wird bis zum heutigen Tag durch die Ernst-Moritz-Arndt-Gesellschaft mit Sitzen in Bonn und Groß Schoritz gepflegt.

Auf Grund Arndts antisemitischer Ansichten  sollte eine Aberkennung seines Namens für die Universität Greifswald vollzogen werden. In einer Urabstimmung im Januar 2009 stimmten für den Beibehalt 49,9% (1.398 Stimmen) und  42% (1.217Stimmen) für die Aberkennung des Namens. Der Senat entschied in einer Abstimmung endgültig mit 36 gegen 22 Senatorenstimmen für den Beibehalt des Namenszuges Ernst-Moritz-Arndt- Universität Greifswald.
Hier hatte sich die Achtung vor dem Wirken einer unbeugsamen Persönlichkeit, die wie wir heute alle nicht frei war von Widersprüchen, durchgesetzt. Demokratie muss streitbar bleiben damit wir Menschen nicht unsere Würde und Achtsamkeit dem Nächsten gegenüber verlieren.
 So wird auch weiterhin der Sinnspruch Arndts über dem Portal des Bergener Arndt-Gymnasiums Bestand haben:
Sei Mensch und Mann,
 Sei wahr und treu,
 Steh fest,  so steht die Welt dir fest.
Bibliographie: Ernst Moritz Arndt/Johannes Paul/Musterschmidt Göttingen 1971, Ernst Moritz Arndt auf Rügen/H.J.Hacker/Hinstorff Verlag 2003, Antisemitismus/ Peter Fasel/Zeit onlin e 2004,Ernst Moritz Arndt und sein Verhältnis zu den Juden im Spiegel der Zeit/Arno Herzog/arndttag.wordpress.com, Ernst Moritz Arndz ausgewählte Werke in 16 Bänden/M. Hesse Verlag Leipzig, Erinnerungen 1769-1815/Verlag der Nation 1985, Ernst Moritz Arndt/Museum Garz auf Rügen, Archiv Kürschnermeister Uwe Hinz
 

Inselexperten-Tipp:

Der Autor Uwe Hinz bietet außerdem regelmäßig Stadtführungen in Bergen auf Rügen an:

“Mit Ihrem magister historicus das historische Bergen entdecken”
Ein Streifzug durch unsere Kultur-, Natur-, Architektur- und Kunstgeschichte

Mittwochs (vom 01. April bis 30.September) um 10.30 Uhr
Treffpunkt ist der Platz „ Am Goldener Brinken“ (obere Bahnhofstrasse an der Billroth –Eiche)

ab 2 Personen pro Pers. 10,00 EURO
Dauer ca. 120 Minuten
Individuelle Führungen zu anderen Tagen und Zeiten das ganze Jahr über gern nach Absprache.

Donnerstags (bis Ende September) Kirchen- und Klosterarealführungen von 11.30 – 12.30 Uhr (5 Euro pro Person)
melden am Informationsstand in der Kirche St. Marien

Kontakt: firma-hinz@web.de oder telefonisch unter 03838 252808 (oder abends unter 03838 308485)


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