In dem kleinen, verschlafen wirkenden Rügener Dörfchen, das seinem Namen Silenz alle Ehre macht, kann man normalerweise ganz ruhig schlafen, wenn nicht ausgerechnet der Wind die Mühlenflügel immer wieder so hetzen würde. Ich bin gestern Abend eingeschlafen mit dem „Sound of Silence“, dem Klang der Stille. Und dennoch wurde ich wieder wach. Es war wohl Mitternacht. Ich hatte schlecht geträumt – von einem laut lachenden Geist mit vorstehenden Zähnen und einer Brille gegen Kurzsichtigkeit, von einem dicken Plüschbären, der meinen Rumtopf bis zum letzten Tropfen geleert hat, von gruseligen Gestalten mit zwei linken Händen, von possierlichen Erdmännchen, die auf Kürbisköpfen thronten, aus deren Augenhöhlen unheimliches Licht flackerte.
Mein Puls raste,
denn unter meiner Bettdecke hatte sich zudem noch etwas bewegt. Meine Pupillen weiteten sich vor Schreck, denn am Fußende schauten plötzlich zehn kurze, bleiche Finger heraus. Eiskalt lief es mir über den Rücken. Die Haare standen mir zu Berge. Ich muss wohl ausgesehen haben, als hätte ich mich mit einem Blitzknaller gekämmt. Mit zitternder Hand griff ich nach dem dicken Brockhaus auf meinem Nachttisch und warf das schwere Nachschlagewerk nach den fremden Fingern. Ich weiß nicht, was schneller war – mein Schrei oder der Schmerz an meinen Füßen. Ich hatte die Zehen mit dem Buch voll auf die „Zwölf“ getroffen. Polternd fiel der Brockhaus auf den Boden und ein Stein mir vom Herzen wie Schuppen vom Kopf. Na, ist denn jetzt schon Halloween? Der Wecker verriet mir – erst in der kommenden Nacht ist es soweit. Hab ich das, um Himmels Willen, alles nur geträumt? Die Beweisfotos finden Sie, geneigte Leser, in unserer Bildleiste.
Doch warum, zum Teufel,
feiern wir ausgerechnet einen Abend vor Allerheiligen dieses merkwürdige Fest? Der Brockhaus, jenes für die jüngste Generation schon prähistorische Wunderwerk des menschlichen Erfindungsgeistes, das ohne Strom funktioniert, das Seiten zum Anfassen hat und das man aufschlagen kann, ohne dass es in winzige Chips und Bits und Bytes zerspringt, gab mir Antwort. Halloween, auch All Hallows’ Eve, genannt, sei ein Volksbrauch am Abend und in der Nacht zum 1. November vor dem Hochfest Allerheiligen und war ursprünglich im katholischen Irland verbreitet. Doch was hat das mit Kürbissen zu tun? Hier meine ganz persönliche Theorie: Allerheiligen selbst geht auf die bereits im Jahre 609 erfolgte Weihung des römischen Pantheons zurück. Das Pantheon war ein heidnischer Tempel und allen römischen Göttern gewidmet. Wenn das Sonnenlicht zu gewissen Zeiten durch die kreisrunde Öffnung der Kuppel fällt, bilden sich tatsächlich Schattenspiele, die unseren Kürbisschnitzereien wie aus dem Gesicht geschnitten sind. Ob die Architekten das beabsichtigt haben, um uns eine Botschaft zu hinterlassen? Weder der Brockhaus noch das Internet haben dafür eine Erklärung. . .
Die Nummer mit den Kürbissen,
mit dem Süßen, „sonst gibt’s Saures“, mit dem Verkleiden und Herumspuken hat ihren Weg auch nach Rügen gefunden. Längst ist dieses Fest auf unserer Insel angekommen. Wie feiern Sie Halloween auf Rügen? Schicken Sie uns Ihre gruseligsten Bilder, ihre witzigsten Aufnahmen, ihre originellsten Fotos und eine kleine Geschichte dazu! Wir gruseln und freuen uns schon jetzt.
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