Danco Lewin ist einer, der, würde man ihn fragen, wie er nach Rügen gekommen ist, tatsächlich antworten könnte: Mit dem Bus. Spontan fuhr der gebürtige Pasewalker vor ein paar Jahren von Berlin nach Bergen. Einfach so, weil er dachte: ach, könntest ja mal nach Bergen fahren! Viele Jahre hatte er zuvor in der Hauptstadt gelebt, als DJ in zahlreichen Clubs aufgelegt, aber irgendwann festgestellt: Hier bin ich nicht glücklich. Also zog der gelernte KFZ-Elektriker („im ersten Leben“), Tontechniker und studierter Sounddesigner auf die Insel, deren klangliche Entsprechung Lewin in Regen, Wind, und Wellenrauschen sieht. In genau dieser Kombination.
Wie bist du auf die Idee gekommen, ein Tonstudio zu eröffnen?
Mir wurde gekündigt. (lacht) Da dachte ich mir, das kann jetzt irgendwie nicht das Ende der Fahnenstange gewesen sein. Da war ich sicher, nur noch was mit Musik machen zu wollen, und wenn es die Auftritte als DJ sind. Für diese Aufnahmen war ich sowieso schon immer auf der Suche nach einem Tonstudio. Und dann hat es sich hier bei La Grange (Kulturverein in Bergen, Anm. d. Red.) so ergeben, dass wir gesagt haben: das können wir selber wuppen. Ausschlaggebender Punkt war auch, dass ich
beim Arbeitsamt saß und gefragt wurde, was ich denn nun machen will. Und ich so: Ich mache jetzt ein Tonstudio auf. Ich war sicher, die denkt, ich bin bekloppt, aber die Mitarbeiterin sagte: Nö, Herr Lewin, das klingt ganz gut! Ich schicke Sie jetzt mal zur Unternehmensberatung.
War das so eine Art Einschnitt in deinem Leben?
Ja, ich war an einem Punkt, an dem ich dachte: wo will ich mal hin, was ist meine Rolle in dem ganzen Spiel? Über die Jahre hatte ich viele verschiedene Jobs und jedes Mal, wenns nicht mehr weiterging, wars immer die Musik, zu der ich zurückgekehrt bin, die mich aus dem Tief geholt hat. Meine Medizin.
Was ist das Besondere an dem Standort?
Die Ruhe hier ist einmalig. Gerade für Künstler aus den Ballungsräumen gibt es da großen Bedarf Kreativität und Ideen zu entwickeln und dann gleich umzusetzen, ohne erst nach Hause fahren zu müssen und von tausend Eindrücken erschlagen zu werden.
Der Bau des Tonstudios – woran wirst du dich in 20 Jahren noch erinnern?
An den Bodenaushub. (lacht) Das heißt wie haben erstmal angefangen den Boden bis auf 40 Zentimeter Tiefe auszuheben. Das war Sport. Einen Monat lang jeden Tag, zu zweit oder zu dritt, Schubkarre rein, Schubkarre raus.
Und dann brauchtest du natürlich auch einen Namen für dein Tonstudio. Warum Kassettemix?
Ich dachte da erst so an Mixtapes, wie man sie aus den Neunzigerjahren kennt, wenn man eins für die Freundin machen wollte – was immer noch aussteht, fällt mir gerade ein … Zugleich wollte ich auch dieses analoge Aufnehmen drin haben. Und es ist ja ein Tonstudio, hier wird halt gemixt.
Welche Art von Klang hast du dir für dein Tonstudio gewünscht?
Ich wollte einen modularen Klang, damit man noch gestalten kann, was man gestalten möchte. Es soll so klingen, dass ich alle Musikrichtungen aufnehmen kann, die weder zu trocken klingen noch einen zu großen Nachhall haben. Aber auch so, dass ich selber noch mit einer Stellwand oder einem Vorhang den Klang noch individuell beeinflussen kann.
Wer hat dein Studio eingeweiht?
Der erste war Stefan Dürre mit seinen Kurzgeschichten über Samtens. Und dann noch ein junger Künstler, Nico Hartmann, der Analogtechno spielt, aber auch ein begnadeter Pianist ist. Der hat (bei der Eröffnungsveranstaltung Anm. d. Red.) auf diesem verstimmten Flügel da hinten so gespielt, dass einige Gäste Tränen in den Augen hatten. Das war richtig, richtig schön.
Was wünschst du dir für die Zukunft?
Dass sich noch mehr trauen, ihre Ideen umzusetzen, das würde ich gerne an die Jugend weitergeben, dass dieser Ort hier mit noch mehr Leben gefüllt ist. Und natürlich, dass das Studio von montags bis sonntags ausgebucht ist! (lacht)
Und zum Schluss: Welchen Künstler hättest du gerne mal hier, tot oder lebendig?
Johnny Cash, Leonhard Cohen.
Und lebendig?
Da gibts einige. Marteria oder COR.
Weitere Infos zum Tonstudio gibt es hier.
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