Mit Kochlöffel und Schürze: Anastasia lernt Köchin auf der Seebrücke Sellin


Im südöstlichen Zipfel Mecklenburg-Vorpommerns geboren, verschlug es Claudia zunächst nach Leipzig, dann nach Schottland, Berlin und zuletzt auf eine Berghütte in den Alpen. Die Sehnsucht nach Wind und Meer zog sie schlussendlich nach Rügen, wo sie jede freie Minute Rad-... mehr

Anastasie bei der Zubereitung von Flammkuchensauce

Gehört zu Anastasias täglichen Aufgaben: Die Zubereitung der Flammkuchensauce. © Mirko Boy

Edelstahl, soweit das Auge reicht. Um genau zu sein, ist es ein Labyrinth aus hochglanzpoliertem Edelstahl. Es ist warm, von irgendwoher kommt Musik, ihr Klang vermischt sich mit den vielen anderen Geräuschen in der Küche. Es duftet nach allem Möglichen. Was es ist, lässt sich schwer ausmachen, aber der Magen fängt unweigerlich an zu knurren. Und mittendrin: Anastasia. Zierliche Gestalt, freundliche braune Augen. Ihre Kochjacke ziert das eingestickte Logo des Restaurants Seebrücke Sellin. Behende bewegt sie sich durch die schmalen Gässchen zwischen Wärmeschrank, Arbeitsflächen, Herden und Backöfen. Mit einem – als Laie möchte man sagen überdimensionierten – Schneebesen verrührt sie die Zutaten für die Flammkuchensauce in einer großen Schüssel. Könnte sein, dass man davon Arme bekommt wie Schwarzenegger.

Weit weg von Zuhause und der See ganz nah

Anastasia ist gebürtige Ukrainerin und 21 Jahre alt. Welyki Kopani heißt das Dorf, in dem sie aufgewachsen ist. Wer es googlet, erhält Bilder, auf denen fast nur Grün zu sehen ist, Kiefernwälder, viel Platz. Es hat rund 5.000 Einwohner und liegt etwa 50 Kilometer nördlich des Schwarzen Meeres. Vor fünf Jahren verschlug es Anastasia, tausende Kilometer weit entfernt, nach Rügen. Aus den 50 Kilometern bis zum Wasser sind null geworden, ihr noch näher zu sein als hier auf der Seebrücke kaum möglich. Zunächst jedoch hieß es: Deutsch lernen. „Den Kurs habe ich mit der Note eins abgeschlossen“ erzählt sie und ihre Augen leuchten auf. Dann folgte ein Berufsvorbereitungsjahr. Nun absolviert sie ihre Ausbildung zur Köchin, ist abwechselnd in der Berufsschule in Sassnitz oder hier im Seebrückenrestaurant, wo sie auf verschiedenen Posten eingesetzt wird, um das Handwerk in Gänze zu erlernen. Was sie besonders gern mache? „Fisch, Fleisch, Salate, ach, eigentlich alles“, sagt die 21-jährige und lacht.

Im Sommer kanns auch mal hektisch werden

Nicht nur im Sommer ein beliebtes Ziel: Die Selliner Seebrücke. © Mirko Boy

Auf die Frage, welche Fähigkeiten für den Beruf unverzichtbar sind, kommt die Antwort prompt: „Schnelligkeit, aber auch sauberes und genaues Arbeiten“. Besonders in den Sommermonaten sei es wichtig, schnell zu sein, dann kann es auch schon mal hektisch werden. An diesem grauen, verregneten Novembernachmittag ist es eher ruhig. Im Dezember sieht das jedoch schon wieder anders aus. Denn für den Jahreswechsel ist eine große Feier geplant, die bereits ausgebucht ist und auch das Restaurant mit seinen rund 200 Plätzen wird voll. Dann wird das gesamte Team gebraucht und mit ihm Anastasia. Teamarbeit ist sehr wichtig, sagt die junge Frau, der Zusammenhalt sei gut, die Leute nett. Und so überrascht es nicht, dass sie, nach ihrem Vorbild gefragt, antwortet: „Kristian, mein Sous Chef“. Manchmal mache der 23-jährige Frühstück für alle – da freue sich sich die ganze Mannschaft. Auch ihr Ausbilder, Chefkoch Martin König, sei immer für sie da und ermutige sie stets ihr Bestes zu geben. Klar, sie lernt noch: „Köchin Mischel macht die beste Dekoration für alle Gerichte, besonders für das Büfett, ich versuche es so gut hinzubekommen wie sie. Manchmal klappt es schon, manchmal noch nicht.“

Die Speisekarte der Seebrücke Sellin

Auf der Speisekarte der Seebrücke Sellin gibt es sogar Empfehlungen von den Lehrlingen. © Mirko Boy

Das Mittag-, beziehungsweise „Personalessen“ muss allerdings bis zum Nachmittag warten. Was es gibt, steht an einer Tafel in der Küche, heute sind es Fischstäbchen und süße Churros zum Nachtisch. In den Wintermonaten macht die Küche abends ein bisschen früher zu. Dann geht’s für Anastasia nach Hause – in eine kleine, ruhig gelegene Personalwohnung, gestellt von der Kurverwaltung Sellin. Wenn sie frei hat, trifft sie sich gern mit Freunden, manchmal in Greifswald. Und morgen? Da kann sie erstmal ausschlafen, denn ihre Schicht am „Arbeitsplatz mit der schönsten Aussicht“ beginnt erst um halb zwölf. Dann steht sie wieder pünktlich an ihrem Posten, bereit für den Tag zwischen Kochlöffel und Schneebesen auf der Selliner Seebrücke.

Mehr zum Thema Leben und Arbeiten auf Rügen gibt es hier.


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