Yoga am Strand: Namaste Ostsee


Im südöstlichen Zipfel Mecklenburg-Vorpommerns geboren, verschlug es Claudia zunächst nach Leipzig, dann nach Schottland, Berlin und zuletzt auf eine Berghütte in den Alpen. Die Sehnsucht nach Wind und Meer zog sie schlussendlich nach Rügen, wo sie jede freie Minute Rad-... mehr

Als der Wecker klingelt, ist es draußen noch dunkel. Etwas mühsam schäle ich mich an diesem Montagmorgen aus dem Bett. Weit öffne ich das Fenster und spähe hinaus. Langsam setzt die Dämmerung ein, der Wind wirbelt durch die Bäume und pustet, keine Widerrede duldend, die ersten bunten Blätter von den Ästen. Kein Zweifel, der Sommer neigt sich seinem Ende entgegen. Wie verlockend der Gedanke, sich noch einmal einzukuscheln. An diesem Morgen aber bin ich verabredet, und zwar mit Catarina Klein, die mich in Göhren zu meiner ersten Yoga-Stunde am Strand erwartet.

Morgendliche Ruhe – zauberhafte Stimmung

Moewe am StrandDas letzte Mal, dass ich meine Yogamatte ausgebreitet habe, war in einer dunklen, muffigen Turnhalle. Kein Vergleich zu dieser Kulisse. Die Sonne hat sich endlich ihren Weg in den Tag gebahnt und schummelt sich hinter ein paar Wolken hervor. Auch die See scheint noch nicht richtig wach zu sein. Wie silbrig schimmernde Seide liegt sie da und rollt in schläfrigen Wellen gemächlich an den Strand. Der Himmel ist durchzogen von länglichen Dunstwolken.

Die violetten Schattierungen des Himmels spiegeln sich im Meer – es ist eine zauberhafte Stimmung. Die Strandkörbe liegen verlassen da. Nur die Möwen gehen schon munter ihrem Tagwerk nach. Zu hören ist nichts als das Rauschen des Meeres. Als wir unsere Yogamatten in den weichen Sand legen und mit einer kleinen Entspannungsübung beginnen, fällt es mir dennoch erst einmal schwer, abzuschalten.

Gefiedertes Publikum – neugierige Möwen

Wir sitzen im halben Lotussitz um Catarina, die uns auffordert, die Augen zu schließen und nichts weiter wahrzunehmen, als diesen Augenblick, das Hier und Jetzt. Den Wind, der unsere Haut berührt, das Kommen und Gehen der Wellen und nicht zuletzt uns selbst.

Indem wir die Aufmerksamkeit auf unseren eigenen Atem lenken, sollen wir alle Gedanken ziehen lassen. Das klingt definitiv einfacher als es ist. Als ich für einen Moment verstohlen durch die Wimpern blinzele, stelle ich fest, dass unsere kleine Strandyoga-Gemeinschaft Zuwachs bekommen hat. Eine Möwe hat unseren Kreis vervollkommnet. Wie angewurzelt steht sie da und schaut neugierig von einem zum anderen. Jedes Mal, wenn ich meine Augen nur einen Spaltbreit öffne, sehe ich, dass sie noch da ist. Es scheint ihr nicht langweilig zu werden. Mit einer menschlich anmutenden Neugier geht ihr Blick zwischen uns Teilnehmern hin und her. Ich muss schmunzeln, so etwas passiert in einer Turnhalle ganz gewiss nicht.

Leichtigkeit und Freude an der Bewegung

Dann schließe ich meine Augen wieder, versuche meine Muskulatur zu entspannen und meinen Atem fließen zu lassen. Und dann passiert, womit ich kaum gerechnet habe: Ich entspanne mich merklich, lausche dem Klang des Meeres, lasse alle (und es sind einige) Gedanken los. Vielleicht liegt es an diesem besonderen Ort. Vielleicht liegt es an Catarina, die uns mit ruhiger Stimme und einem feinen Gespür sanft in die richtige Richtung lenkt.

Bevor es an die einzelnen Übungen geht, machen wir uns mit sanften Klopfbewegungen entlang der Meridiane, von den Knöcheln und Beinen bis hinauf zu den Armen und Schultern, wach. Erfrischt starten wir mit leichten Asanas, wie die Yoga am StrandYogahaltungen auch genannt werden. Wir bewegen uns im Rhythmus des Atems, bis es im ganzen Körper angenehm zu kribbeln beginnt und die Muskulatur spürbar warm wird. Dann führt uns Catarina durch den Sonnengruß, eine fließende Abfolge von Yogahaltungen, die den Kreislauf und den Energiefluss im Körper anregen soll. Sie erklärt jeden Schritt genau und so fällt es nicht schwer, ihr zu folgen. Nach dem dritten Mal beginne ich, meinen eigenen Rhythmus in der Bewegungsabfolge zu fühlen. Eine angenehme Leichtigkeit stellt sich ein, sie kommt Hand in Hand mit der tief empfundenen Freude an der Bewegung an diesem bezaubernden Ort.

Einige der Asanas, die wir danach einnehmen, erfordern Kraft und Ausdauer. Catarina nimmt uns das Versprechen ab, auf unser Bauchgefühl zu hören und jeweils nur so weit zu gehen, wie es unser Körper erlaubt. Dennoch erfüllt es mich auch mit Stolz, wenn ich eine anstrengende Haltung drei weitere Atemzüge durchhalte und in der Phase der Entspannung der wohltuenden Wärme in meinen Gliedern nachspüren kann.

Dann fängt es doch noch ein wenig zu tröpfeln an, „ist ja nur Wasser“, sagt Catarina und lacht. Tatsächlich hat es mich wohl noch nie weniger gestört. Und so machen wir es uns auf unseren Matten für die letzte Entspannungsphase bequem. Obwohl ich die Regentropfen, die mein Gesicht benetzen, am Anfang noch wahrnehme, treten die äußeren Eindrücke immer mehr hinter mein Empfinden zurück. Mein Kopf ist wunderbar leicht, mein ganzer Körper ist angenehm schwer und warm, zugleich fühle ich mich fast schwerelos. Und obwohl noch immer Regentropfen auf mein Gesicht fallen, bin ich kurz davor, einzuschlafen.

Als wir uns mit dem traditionellen Namaste verabschieden, habe ich das Gefühl, mich lange nicht mehr so leicht und unbeschwert gefühlt zu haben. Und da werde am Ende sogar ich als „kühle Norddeutsche“ – zu meiner eigenen Überraschung – ein wenig emotional.

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