„Das Rezept kann ich aber nicht verraten, das sage ich gleich!“, meint Anja Grasmann, Konditorin im Rosencafé Putbus und lacht, während sie mir die Hand schüttelt. „Zwei Jahre habe ich immerhin daran herumgetüftelt“ fügt sie hinzu, während sie und ihre Schwester Anett Grasmann bereits eifrig in der Konditorei zu wuseln beginnen. Auf der Arbeitsfläche stehen die Zutaten bereit, in großen Schüsseln glänzende, saftige Rosinen, Orangeat und Zitronat, Mehl, Hefe, Butter und angeröstete Mandelstifte. Die beiden sind so flink, dass ich Angst habe, etwas zu verpassen.
Weihnachtliche Düfte in der Konditorei
Im Nu ist der Grundteig fertig und landet in der Knetmaschine, in der sich die Knethaken gleichmäßig drehen. Es hat etwas Hypnotisierendes dabei zuzusehen, wie der Teig eine weiche, glatte Oberfläche bekommt. Der heimelige Duft nach Hefe erfüllt immer mehr die Konditorei. Erst kurz vor Schluss kommen die Rosinen hinzu. Das sei ganz wichtig, sagt Anja Grasmann. Da sie vorher in Rum eingelegt waren, seien sie sehr weich und könnten durch das Rühren zerfallen.
Immer mehr Gerüche steigen mir in die Nase, welche das seien? „Zimt, Vanille, Rum, Kardamom und Nelke“ antwortet die gelernte Konditorin, die in Stralsund geboren ist, aber noch im Kleinkindalter auf die Insel Rügen zog. Seit den Anfängen der Eröffnung des Rosencafés ist sie dabei. Man spürt gleich, dass sie sich selbst mit verbundenen Augen in ihrer Konditorei zurechtfinden würde.
Das Geheimnis des perfekten Stollens
Bei so vielen Zutaten wird klar, warum es zwei Jahre dauerte, das perfekte Rezept zu finden. So schlicht ein Stollen auch zu sein scheint – ist das Backwerk doch ein subtiles Zusammenspiel von Aromen. Der perfekte Stollen, sind sich die Schwestern einig, darf im Mund nicht „mehr werden“. Er müsse saftig sein, mit ausgewogenen Aromen, jede einzelne Zutat müsse aufs Gramm genau stimmen.
Einen guten Stollen müsse man sich erarbeiten, meint Anja Grasmann. „Das war ja früher schon so, gute Stollenrezepte wurden von Generation zu Generation weitervererbt“, erzählt ihre Schwester Anett. „In den Konditoreien kannte oft nur der Besitzer das genaue Rezept“.
Sobald sich der Teig vom Kesselrand löst, wird der Teig portionsweise gewogen. Genau 570 Gramm müssen es sein, die dann noch einmal per Hand geknetet werden. Bald ist die mehlbestäubte Arbeitsfläche voll mit quadratischen Stollenteigen, deren Anblick einem das Wasser im Munde zusammenlaufen lässt. Mit einem Nudelholz rollt Anett Grasmann sie noch ein bisschen glatter – als Vorbereitung für die aromatische Mohnfüllung. „Mohn geht bei uns immer unglaublich gut“, erklärt Anja Grasmann, „daher wollten wir dieses Jahr neben dem klassischen Christstollen auch einen Mohnstollen backen“. Mit der Mohnfüllung bestrichen, werden sie von den Schwestern eingerollt, in die Form gegeben und leicht angedrückt.
Ein guter Stollen braucht Liebe – und Zeit
Eine Stunde lang gehen die Teige bei kuscheligen Temperaturen, wie es jeder Hefeteig gern hat, bevor sie im Ofen verschwinden. Anschließend werden die Stollen mit flüssiger, goldgelber Butter bepinselt und mit Zucker eingerieben – alles in Teamarbeit, die zwischen den beiden Schwestern ohne große Worte funktioniert.
Zum Schluss werden die Stollen mit Schneezucker versehen, der verhindert, dass der Stollen Feuchtigkeit von außen aufnimmt. So wird das Gebäck länger haltbar, denn immerhin muss der Stollen gute drei bis vier Wochen lagern. Erst dann haben die Aromen den Stollen ganz und gar durchzogen. Natürlich darf ich am Ende noch probieren: der Mohnstollen ist so lecker, dass ich noch beim Kauen bereits gierig nach einem zweiten Stück schiele – und plötzlich verstehe, warum das Rezept geheim bleiben muss. Schließlich würde ja auch niemand den Ort verraten, an dem er einen Goldschatz vergraben hat.
Am 8. Und 9. Dezember veranstaltet das Rosencafé in Putbus von 13 bis 18 Uhr einen Adventsmarkt mit einem weihnachtlichen Live-Programm und leckerem Gebäck – von Baumkuchen über Weihnachtsplätzchen bis hin zum Stollen.
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