Aufgetischt! Sarah Eiselt und Tommy Christoffer || Kormoran in Lauterbach


Berthe Jentzsch ist zwar gebürtige Berlinerin, braucht aber ab und zu Meer. Daher reist sie gerne. Entweder auf die Insel Rügen oder auf die Halbinsel Italien, wo sie einige Zeit lebte. Sie studierte Literaturwissenschaft in Wien und am Peter-Szondi-Institut in... mehr

Kuchenmacherin und Kombüsenpoet

Wenn Sarah Eiselt frühmorgens zur Arbeit in den “Kormoran“ kommt, glitzert noch der Tau über den Gräsern und die über dem Horizont aufgehende Sonne taucht die schwimmenden Ferienhäuser der nahe gelegenen „im Jaich Wasserferienwelt“ in blassgoldenes Licht. Über die spiegelglatte Wasseroberfläche hallen die Rufe der Wildvögel aus dem Naturschutzgebiet der Insel Vilm herüber. Deren Bewohner scheinen den umliegenden im-Jaich-Häusern Namenspaten gewesen zu sein: Kormoran, Kranich, Seeadler. Namenspaten für diesen Teil Lauterbachs hingegen ist Familie Jaich aus Arnis. Neben der “Wasserferienwelt“ und neun Marinas an Nord- und Ostsee betreiben sie auch das “Kormoran“, ein maritim-edel eingerichtetes Restaurant mit weitläufiger Terrasse.

„Die Natur ist hier unverwechselbar. Besonders mit Kind“, lacht Sarah, gebürtige Jenenserin und Mutter einer einjährigen Tochter. Das Leben auf Rügen mit langen Tagen am Meer und Spielen am Strand würde sie nicht mehr gegen die Großstadt eintauschen wollen. „Man lebt hier behüteter. In Jena oder Hamburg könnte ich mir zudem keinen Altbau mit Blick auf das Meer leisten. Das tröstet darüber hinweg, dass es hier im Winter mitunter sehr einsam sein kann.“

Ebenso wie die dunkelhaarige junge Frau, deren Freund das “La Grange“, ein Treffpunkt für innovative Künstler und Musiker in Bergen mitgründete, zog es auch Koch Tommy Christoffer aus romantischen Gründen zurück auf die Insel. Obwohl der zweite Koch des „Kormorans“, neben Chefkoch Henry Krüger, erst mit einem Jahr auf die Insel kam, und damit nach den strengen Regeln einiger Ureinwohner nicht als Rüganer, sondern „nur“ als Rügener gilt, sieht man dem jungen Mann mit der hochgekrempelten Wollmütze und den braunen Lederstiefeln die Seemannsseele an. Nach drei Jahre dauernden Ausflügen in die Wiener Küche, einer Ausbildung bei den Stralsunder “Tafelfreuden“ und einem kurzen Inselwechsel nach Island, nun also wieder Rügen. „Wegen der Liebe, Licht, Luft und Leute“, erklärt der Mecklenburger alliterierend und beugt sich wieder über die Tonda di Chioggia-Bete, die er in feine Streifen schneidet. Die Ringelrübe mit der dekorativen, rosa-weißen Färbung wird später mit Posteleien, Walnüssen und Ziegenquark serviert. Als Dessert folgen Bratäpfel aus Pommerschem Krummstiel mit Birnensorbet und Zabaioneschaum.

Regionalität spielt bei der Wahl der Zutaten eine tragende Rolle. So würden die meisten Ingredienzen selbst für hartgesottene Inselbewohner als echte Rüganer durchgehen: der Ziegenquark stammt aus Putbus, das “Rügener Rapsöl“ für die Vinaigrette aus Rambin und der berühmte „Krummstiel“ von der Strachtitzer Gärtnerei Sandhop, die ein 80-jähriges Ehepaar noch in Handarbeit bewirtschaftet. Auch die meisten Fische, wie Flussbarsch, Hecht oder Hering, stammen vom Ummanzer Strom und werden, ebenso wie das Wild, aus dem Umland geliefert und vor Ort ausgenommen.

Nebenan scheppert es. Sarah schlägt auf der anderen Seite der Küche die Sahne für eine Windbeuteltorte. Das Rezept stammt ursprünglich von ihrer Schwiegermutter in spe, ist also ebenfalls echt „rügan“. Allerdings habe sie es in typischer Sarah-Manier gestalterisch und intuitiv abgewandelt. Backen sei für die studierte Schmuckdesignerin zuerst nur ein Hobby gewesen, das sie bereits im Studium entdeckte und immer weiter verfeinerte. Als „Kormoran“-Besitzer Till Jaich von ihrem Talent Wind bekam, holte er sie 2013 als Frühstücksleitung in das heute zehnköpfige Team. Seitdem bäckt die Neuinsulanerin Torten, Kuchen und Gebäck die zum Träumen einladen. Jetzt, wenn die Tage kürzer werden, scheint abends manchmal schon das tiefer stehende Licht durch die Küchenfenster. Dann werden zum Feierabend auch die Töpfe und Pfannen von Sarah und Tommy in blassgoldenes Licht getaucht.


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