Optimal ist anders, wenn man im Großen Jasmunder Bodden gute Fische fangen will: An diesem Dienstag stürmt es überaus frisch von Nord-Ost. Wir haben ein „Höherdruckgebiet“ von 1040 Millibar. Die Minibar und ein innerlich wärmendes Kaltgetränk wären angenehmer. Große Salzwassermengen aus der Ostsee hat der Sturm in den Bodden gedrückt. Ob da Zander, Hecht & Co Lust aufs Beißen haben?
„Gestern hatten wir spiegelglatte See und mehrere gute Bisse“, sagt Lars Pohland und macht uns für heute keine übertriebenen Hoffnungen. Aber wir wollen trotzdem unser Glück versuchen und den Tag auf dem Wasser genießen. Allein schon die Anfahrt nach Martinshafen – ein Erlebnis. Hunderte Kraniche kommen von ihren Schlafplätzen angesegelt und steuern in der aufgehenden Sonne ihr Frühstücksbüfett auf den Feldern rund um Sagard an. Ein Geschrei ist das, ein Trompeten vom Feinsten. Imposant – diese stolzen Vögel des Glücks.
Jetzt pfeift nur der Wind. Und der 300 PS starke Turbodiesel blubbert.
Auf der digitalen Seekarte, dem Kartenplotter, und am Echolot erklärt Lars dem 12-jährigen Karl aus Dresden, was diese Wunderwerke der Technik in Verbindung mit dem satellitengestützten Navigationssystem so alles können. Nur Fische an Bord ziehen kann man damit nicht, wohl aber ihre Luftblasen in den unterschiedlichen Wassertiefen erkennen. Das ist doch schon mal was.
Wir fahren einen ganz speziellen Punkt auf Höhe Polchow an. Dann verstummt der Motor und lässt Lars den Driftsack ins Wasser, der uns langsamer treiben lassen wird. Wie ein Fallschirm mit Luft füllt sich dieser Sack mit hunderten Litern Wasser und lässt uns relativ gemächlich und schaukelnd in Richtung Lietzow driften. Mit Gummifischen, die Lars mit hakenbestückten Bleiköpfen ausgestattet hat, beginnt die Jagd nach den Räubern im Großen Jasmunder Bodden. An der dünnen, geflochtenen Schnur mit Stahlvorfach (das muss sein, weil mit Hecht und Zander zu rechnen ist) sinkt der Gummifisch auf den Meeresboden, wirbelt Sand auf und macht beim kurzen Aufsteigen und erneuten Landen vielleicht auch einen Barsch neugierig. Aber nur vielleicht. Das geht nun schon seit 20 Minuten so.
Rüdiger aus Meißen erzählt, dass er regelmäßig Angel-Gast auf Rügen ist – eigentlich zu jeder Jahreszeit. Zum Lachs-Trolling im Frühjahr kommt er ebenso gern wie zur Hecht- oder Heringszeit. „Mit Lars bin ich schon oft rausgefahren“, sagt der 53-Jährige, während Karl und sein Vater die ersten Bisse haben. Besser gesagt, die ersten „Bisschen“, denn ein Barsch und Karls erster Hecht, den er in seinem Leben geangelt hätte, verabschieden sich nach kurzem Kampf auf Nimmerwiedersehen. „Sobald ihr merkt, da ist was, müsst ihr richtig fest anhauen, dann sitzt der Fisch besser am Haken“, tröstet Lars die Petrijünger auf ein nächstes Mal.
„Mein Boot hat eine recht große Kabine und Heizung, da bin ich oft mit Familien mit Kindern unterwegs“, erzählt Lars. „Schwimmwesten für die Kleinen sind selbstverständlich auch an Bord. Meistens muss ich auch den Erklär-Bär machen, wenn die Lütten nicht wissen, dass Schwäne keine Enten sind und man Fischstäbchen nicht angeln kann.“
Dann zuckt es an seiner Angel. Er haut an, hält die Spannung auf der Schnur, kurbelt und pumpt und holt einen etwa 70 Zentimeter langen Hecht an Bord. „Der hat richtiges Küchenmaß“, weiß der Angelführer. „Aber heute will ich keinen Fisch zubereiten.“ Er setzt ihn wieder vorsichtig ins Wasser. „Ich bin sowieso für nachhaltiges Angeln. Was willst du mit 200 Heringen oder drei Hechten von je einem Meter. So viel kannst du gar nicht essen. Außerdem sollten die großen Hechtweibchen dort bleiben, wo sie sind. Ist besser für die Erhaltung der Art“, sagt er und gibt das Kommando zum Einholen der Angeln, während er mächtig am Driftsack ziehen muss, um ihn aus dem Wasser zu kriegen. Dann wird umgesetzt. Neue Drift, neues Glück.
Seit vier Jahren ist Lars Angel-Guide auf Rügen.
Larsen-Fishing heißt sein kleines Unternehmen. Zwei hochseetaugliche Boote gehören dazu. Eins liegt in Glowe an der Ostsee, eins in Martinshafen im Bodden. „Da bin ich flexibel, egal, woher der Wind weht.“ Zwei Kleine Boote zum Vermieten hat er auch.
Das ganze Jahr über ist Lars fast täglich auf dem Wasser – außer sonntags.
Und im Urlaub? „Da fahre ich zum Angeln nach Schweden.“
In Norwegen hat er jahrelang als Angel-Guide gearbeitet, bis er vor einiger Zeit zum ersten Mal vor Rügen zum Dorschangeln war. „Das war wohl Liebe auf den ersten Blick“, schwärmt er und freut sich mittlerweile über viele Stammgäste. „Es ist leider noch immer etwas schwierig für Urlauber, die entsprechenden Erlaubnisse zum Angeln zu bekommen. Den Touristenfischereischein gibt es in einigen Kurverwaltungen, die Angelkarte übers Internet oder in den Ämtern. Alles aus einer Hand wäre besser. In Schweden kannst du mit deinem Handy an den See gehen, eine Nummer ansimsen, dich registrieren lassen – und die Gebühr wird über deine Telefonrechnung abgebucht. So einfach könnte es auch bei uns gehen.“
Jetzt zuckt es an meiner Angel. Ein Barsch hat gebissen. Das werden zwei leckere Filets fürs Abendbrot. . .
Rüdiger schiebt sein Ostsee-Basecap in den Nacken. Für einen perfekten Angeltag fehlt ihm heute nur das i-Tüpfelchen, ein Fisch. „Aber ich komme auf jeden Fall wieder.“
Große Fische, kleine Fische: Die Fotos mit dem Riesenbarsch und Super-Zander hat uns Larsen Fishing zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür. Die anderen Bilder habe ich mit der Kamera „geangelt“.
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