Wahr gewordene Visionen: Eine Tour zu den Hyparschalen von Ulrich Müther auf Rügen


Holger Vonberg ist gebürtiger und bekennender Rüganer. Sein Berufswunsch als Zweijähriger: „Urlauber Baabe“. Das hat nicht ganz geklappt. Ab 1991 war er als Journalist u. a. für den NDR, die OZ und den „Urlaubs-Lotsen“ auf der Insel unterwegs. Bis März... mehr

Seine Werke sind Mythos und wahr gewordene Visionen: die Hyparschalen des Rügener Landbaumeisters Ulrich Müther (1934-2007) aus Binz. 50 dieser filigranen und doppelt gekrümmten Schalenbauten (hyperbolische Paraboloide – also Hyparschalen) hat er errechnet, entworfen und mit seinem Spezialisten-Team zu DDR-Zeiten mit Spritzbeton realisiert, unter anderem Bob- und Rennschlittenbahnen, eine Radrennbahn in Havanna, Planetarien, Messehallen, Gaststätten. Seine Bauten stehen noch heute in Wolfsburg, Rostock, Altenberg, Oberhof, Helsinki oder Tripolis. Und auf Rügen! Hier werden die Hyparschalen auch Mütherschalen genannt.

Kommen Sie mit auf eine Müther-Rundreise, die früher sogar bis nach Dranske führte, doch die Bushaltestelle, von der Konstruktion her sehr ähnlich der Schale am Binzer Kreisverkehr, wurde nach der Wende abgerissen.

 

Starten wir also in Binz – am Müther-Platz an der Strandpromenade. Wie ein in den Dünen gelandetes Ufo leuchtet der ehemalige Rettungsturm, heute eine Außenstelle des Standesamtes, ganz in Weiß, bald noch weißer, weil der Turm saniert wird.

Im IFA-Ferienpark finden wir weitere Schalenbauten, die die Restaurants überspannen – und am Kreisverkehr die erwähnte Versuchsschale, die zu Testzwecken errichtet wurde und in größerem Maßstab in Rostock als Messehalle gebaut wurde.

 

Im Selliner Cliff-Hotel ist die trichterförmige Schwimmbad-Überdachung unschwer als Müther-Werk zu erkennen, auch das Inselparadies in Baabe oder der originelle Kiosk am Baaber Kurpark.

Von Sellin geht es über Buschvitz, dort steht ein originelles Buswartehäuschen, weiter nach Gingst. Früher hätten wir noch in Bergen-Süd an der ehemaligen Schülergaststätte einen Zwischenstopp einlegen können, doch auch dieser Bau musste einem gesichtslosen Betonklotz weichen.

Die Sporthalle der Schule in Gingst trägt ein Müther-Dach. Wir fahren weiter über die Wittower Fähre in den Norden, durch Wiek und vorbei an Altenkirchen. Nächster Halt: Glowe. Die Ostseeperle strahlt nach ihrer Sanierung in neuem Glanz und bietet einen fantastischen Ausblick auf die Tromper Wiek bis hin zum Kap Arkona. Ein Architekt, der die Leistung des DDR-Schalenbaumeisters zu würdigen und zu schätzen weiß, hat dieses Gebäude gerettet. Es lohnt sich, dort einzukehren, einen Cocktail oder Kaffee zu trinken.

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Und auch in Sassnitz hat Ulrich Müther Spuren hinterlassen: Die Kurmuschel, die ihrem Namen alle Ehre macht und demnächst saniert wird und das Dach der Schwimmhalle des Rügen-Hotels tragen seine Handschrift.

Von der Außenwelt abgeschirmt und privat genutzt ist ein großer Schalenbau, der ehemalige Speisesaal des Pionierferienlagers in Borchtitz. Die drei Finnhütten am Ufer sind von der Boddenseite aus zu sehen.

Das war es dann auch schon mit dieser kleinen Rundfahrt.

 

Gern hätten die Inselexperten weitere Schalenbauten auf Rügen gezeigt. Doch Müthers Diplomarbeit, der Speisesaal vom Haus der Stahlwerker in Binz (1963-64 errichtet), wurde 2002 abgerissen. Nur fünf Jahre, von 1985 bis 1990, existierte die Eingangshalle mit drei Schalendächern am Thälmann-Heim in Binz. Und der Rettungsturm 2 in Binz, der in Zusammenarbeit mit dem Architekten Dietrich Otto gebaut wurde, ist 1993 abgerissen worden. Dieses Schicksal ereilte auch das legendäre Ahornblatt in Berlin.

 

Nun unsere Frage an Sie, liebe Leser.

Wir sind auf der Suche nach Geschichten rund um die Schalenbauten von Ulrich Müther. Waren Sie dabei, als die Ostseeperle errichtet wurde? Wie sah es in der Schülergaststätte in Bergen-Süd aus? Welche Erinnerungen haben Sie an die Disco im Inselparadies Baabe? Oder haben Sie vielleicht noch Fotos aus dem Pionierlager „Ernst Thälmann“ in Borchtitz?

 

Die Inselexperten würden sich über Kommentare, Bildmaterial und Geschichten sehr freuen. Nutzen Sie die Kommentarfunktion in unserem Online-Magazin. Oder schreiben Sie eine Mail an presse@ruegen.de

 

 

Weitere Berichte über den Rügener Baumeister und seine Werke:

  • Ein Interview mit Ulrich Müther finden Sie hier.
  • Hier erfahren Sie etwas über Martin Haase, der Müthers Betonspritzpumpe vor der Verschrottung gerettet hat.
  • Und nun gibt es auch noch einen kleinen musikalischen Nachschlag .

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