Bis zum 25. September präsentiert die Kulturstiftung Rügen eine besondere Ausstellung. Sie ist dem Künstler und Filmemacher Frank Otto Sperlich zum 65. Geburtstag gewidmet und zeigt unter dem Titel „Bewegung“ Malerei, Installation und Filmdokumentation des seit ein paar Jahren in Karow bei Bergen lebenden Mannes.
Von Bewegung ist das Leben, sind die Werke des Künstlers geprägt –
das bewegte Bild im Film, sein Sich-Fortbewegen durch die Welt als Kameramann und Regisseur, die wogende Wellen auf seinen großformatigen und originalgetreuen Gemälden, die dem Sammler suggerieren, doch besser eine Versicherung gegen mögliche Wasserschäden abzuschließen, sollte das aufgewühlte Meer tatsächlich aus dem Rahmen schwappen.
Und da sind seine tief bewegenden Sichten, seine Installationen, seine Bilder zu einem Thema, das ihn seit Jahren beschäftigt: Babi Jar, auch Babyn oder Babij Jar genannt. In dieser Schlucht bei Kiew haben deutsche SS-Truppen, Wehrmachtsangehörige – auch Miliz und Militär aus der Ukraine – am 29. und 30. September 1941 insgesamt 33 771 Kinder, Frauen und Männer jüdischen Glaubens erschossen. Die Höllenschlucht von Babi Jar wurde in den Jahrzehnten von der Stadt Kiew überwuchert und ist heute ein Freizeitpark.
Seit seiner Spurensuche in Kiew beschäftigt den Dokumentarfilmer und Künstler Frank Otto Sperlich dieses Massaker.
In Gemälden, im Film und in einer Installation setzt er sich damit auseinander. „Ich möchte den Opfern ein Gesicht geben, ihre Bilder wieder sichtbar machen.“ Auf 33 Hemden und Shirts hat er mit Farbe und einer speziellen Technik Porträts von Opfern dauerhaft projiziert und sie damit dem Vergessen entrissen. Es sind Gesichter voller Hoffnung, voller Lebensfreude. Privatfotos aus einer besseren Zeit. Es sind Gesichter, die mahnen und daran erinnern, dass noch immer Menschen durch Menschenhand sterben. Heute. Morgen. Weltweit.
Zehn Jahre nach dem Massenmord von Babi Jar wurde Frank Otto Sperlich in Zittau geboren. Er studierte an der Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam Babelsberg und gründete 1991 mit Lutz Rentner in Berlin die Firma NOAHFILM. Als Autorenfilmer drehten sie ca. 130 Beiträge unter anderem in Venezuela, im brasilianischen Regenwald, in Papua-Neuguinea, auf den Philippinen, in Thailand, Moçambique und Kamerun, auf Kuba und im Südseeinselstaat Vanuatu, in Georgien, Russland/Sibirien, den USA und der Mongolei. Parallel dazu beschäftigte er sich mit Malerei und Grafik. 2007 erwarb er ein altes Bauernhaus auf Rügen und verlagerte seinen künstlerischen Schwerpunkt immer mehr in Richtung bildende Kunst.
Anfang der 70er Jahre schon suchte er die Nähe des Hallenser Malers Prof. Willi Sitte. Die virtuose Malweise und der beherzte Pinselstrich faszinierten den jungen Frank Otto Sperlich. Es wurde eine fruchtbare Begegnung, wie in der Ausstellung zu sehen ist. Mir persönlich gefallen seine scheinbar im Vorbeigehen festgehaltenen Skizzen, seine Momentaufnahmen, die er auch durch den Sucher der Kamera entdeckt hat. Sie haben eine Leichtigkeit. Und einen gewissen Humor, der Frank Otto Sperlich eigen ist. Es könnten Bilder aus einem Szenenbuch sein. Ich glaube, so hat er es auch gemeint. Erinnerungen sind diese Skizzen und Vignetten für ihn allemal – wie Fotografien. „Der Unterschied: Die Fotografie ist nach einer circa hundertstel Sekunde fertig. Die Skizze dauert das Hundertausendfache! Hunderttausendfach ist dann auch die Erinnerung. Welch ein Glück“, so der Künstler, der bei sich und auf Rügen angekommen ist.
„Rügen ist für mich schon immer ein besonderer Ort. Die Insel ist so etwas wie ein Gegenpol zum hektischen Filmleben“,
sagt Frank Otto Sperlich. Die Auseinandersetzung mit dem ruhigen Rügener Land habe für ihn auch etwas Meditatives. Als „Wellenmaler“ sieht er sich aber nicht. Das wäre auch zu wenig für einen Mann, der viel zu sagen hat, der Fragen stellt, der sich äußerst kreativ durch das Leben bewegt.
Die Personalausstellung von Frank Otto Sperlich ist noch bis zum 25. September in der Galerie des Landkreises Vorpommern-Rügen in der Orangerie Putbus zu sehen.
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr
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