Der Ernst–Moritz–Arndt–Turm: Ein Denkmal der nationalen Freiheit des 19. Jahrhunderts
Teil 1/3


Seit 1755 leben die Vorfahren von Uwe Hinz als Bürger in Bergen auf Rügen. Hier stand 1948 auch seine Wiege. Sein Interesse für Geschichte, Archäologie und die Bücherwelt sind Bestandteil seines Lebens. Der Kürschnermeister lebt und arbeitet mit seiner Frau... mehr

Wie selbstverständlich nehmen wir heute die Denkstätten unserer Urväter in Anspruch ohne uns über den Sinn und die Bedeutung der Bauwerke Gedanken zu machen.

Eines der bedeutenden Wahrzeichen der Stadt Bergen auf Rügen ist der 1877 eingeweihte Ernst–Moritz–Arndt–Turm.

Wahrlich, es ist ein monumentales Bauwerk für unsere Stadt. Und es hat eine mehrfache Bedeutung! Es ist eine Denkstätte für den in Groß Schoritz geborenen vorpommerschen Patrioten und Dichter Ernst Moritz Arndt(1769-1860). Gleichzeitig ist es ein Ort der Geschichte und als Aussichtsturm ein Ort des Vergnügens und der Faszination.

Ca 90 m über dem Meeresspiegel erhebt sich der aus einer Endmoräne der letzten Eiszeit entstandene Höhenzug „Rugard“. Auf ihm errichteten wohl die wendischen Ranen um 700 n. Chr. Erdwallaufschüttungen für eine Fluchtburg zum Schutze der Bevölkerung vor feindlichen Angriffen. Diese bestand aus einer Vor- und einer Hauptburg und wurde durch die rügenschen „Könige“ während ihrer Aufenthalte als Residenz genutzt. Die Bauten waren wohl mehrheitlich Holzkonstruktionen. Nach der Christianisierung der rügenschen Wenden unter Führung des dänischen Königs Waldemar I. und des Bischofs  Absalom von Roskilde befand sich im inneren der Burg  eine Kapelle, die urkundlich 1258 durch Fürst Witzlaw dem Bergener Kloster übereignet wurde. 1381 trug man sie dann ab und Gottesdienste gab es darauf in St. Marien. Die  Kuppa der Tauffünte aus der Kapelle befindet sich heute in St. Marien und ist damit das älteste Zeugnis christlichen Glaubens der Region.
 Im Burgwall stand in späteren Zeiten eine Mühle. Reste dieser, sowie weitere Artefakten fanden Archäologen bei Grabungen, die 1868 begannen.

In den  Jahrhunderten  nach dem Aussterben der rügenschen Fürsten 1325 nutzten die Einheimischen das Areal landwirtschaftlich. Dabei wurde sicherlich zahlreiche historische Substanz vernichtet. Ein Besuch unseres Bergener Stadtmuseums lohnt sich heute beim weiteren Entdecken  unserer Kultur! Der Rugard war  Besitz der Fürsten zu Putbus und so ließ nach 1830 Fürst Malte zu Putbus den Rugard in Teilen in einen „englischen Park“ umwandeln. Noch heute zeugen Bäume und noch vorhandene Granitsteinbänke und Tische von dieser Zeit. So liegt es nahe, auf diesem prädestinierten  Platz des damals fast unbewaldeten Rugards ein Denkmal zu bauen, das die Gemüter der Bergener bewegte. Ob Caspar David Friedrich, Karl Gustav Carus, Karl Friedrich Schinkel oder zahlreiche Künstler und Reisende, sie alle bewunderten den weiten unverbauten Blick weit über Rügen hinaus.

So wurde hier ein Denkmal in Form eines würdigen Aussichtsturmes für Ernst Moritz Arndt geschaffen.

Dieser, seit Anfang Oktober 1817 im fernen Bonn am Rhein lebend, hielt seine Liebe zur vorpommerschen Heimat Rügen – noch heute sehr berührend – in dem 1842 geschriebenen Gedicht „ Heimweh nach Rügen“ nieder:
O Land der dunklen Haine,

O Glanz der blauen See,

O Eiland, das ich meine,

Wie thut`s nach dir mir weh!

Nach Fluchten und nach Zügen

Weit über Land und Meer,

Mein trautes Ländchen Rügen,

Wie mahnst du mich so sehr!

( 1. Strophe von 6)

Arndt verstarb am 29. Januar hochverehrt in Bonn und dort errichtete bereits im Juli 1865 die Stadt als Würdigung seiner Persönlichkeit ein Denkmal.
 Dem konnte man wohl kaum auf der Insel Rügen nachstehen und so entwickelten sich Gedanken für eine Ehrung auf der Insel. Bergen als Inselmittelpunkt war da im Besonderen prädestiniert. Eine Vorreiterrolle spielte hierbei 1869 der Landrat von Rügen Wilhelm von Platen-Reischvitz , der Bergener Bürgermeister Dr. Richter und Kreisgerichtrat Dr. Gühlich.

Aus der Idee heraus gründete sich im Sommer des selben Jahr ein Gremium rügenscher Persönlichkeiten zur Errichtung eines Arndt – Denkmals.

Dem gehörten außer den bereits genannten Personen der Rechtsanwalt Biel (Bergen), der Gutspächter Dalmer (Schoritz), der Oberregierungsrat von Hagemeister (Tribbevitz), der Hauptmann a.D. von der Lancken, der Rittergutsbesitzer Spalding (Tetzitz) und weiter aus Bergen die Rechtsanwälte Kirchhoff und Langemack, der Justizrat Odebrecht, der Kreisgerichtsdirektor Rintelen, der Pfarrer Schulze, der Kreisphysikus Dr. Wenzel und als Vorsitzender des Bürgerschaftlichen Kollegiums Herr Paulsdorff an.
 Gedacht war ursprünglich eine Ehrenhalle. Ebenfalls von einem imposanten  Hünengrab mit der Inschrift „ Ernst Moritz Arndt von Rügen“ war die Rede, um der Urwüchsigkeit  des Arndtschen Geistes gerecht zu werden. Letztlich fiel die Entscheidung für einen Turm mit Aussicht. Im Sommer 1869 kam es eben von diesem Kollegium zu einem Aufruf  in der „Berliner- Volkszeitung“.
An das deutsche Volk!
Am kommenden 26. Dezember vor 100 Jahren ward Ernst Moritz Arndt auf Rügen geboren. Es geziemt sich, daß wir diesen Tag feiern, um des deutschen Mannes zu gedenken, der sich nicht beirren ließ in der Begeisterung für seines Vaterlandes Einheit und Stärke; es geziemt sich, daß wir ihm jetzt, wo erfüllt wird, was er standhaft begehrte, dankbar die Siegespalme weihen für sein deutsches Lied und deutsches Leben. 
Inmitten seiner schönen Heimatinsel Rügen laßt uns den Vater Arndt in einer Ehrenhalle auf dem Rugard hoch erheben zum freien stolzen Blick über deutsches Meer mit deutscher Flotte und hinüber auf das geeinte deutsche Vaterland!
 Wir fordern hiermit auf, rührig und schnell Hand ans Werk zu legen und in Verbindung mit uns die Beiträge zu sammeln, damit Arndts hundertjähriger Geburtstag als ein deutscher Festtag durch feierliche Grundsteinlegung seines Denkmals begangen werde.
 Bergen auf Rügen, im Juli 1869

Warum setzten die Rüganer gerade Ernst Moritz Arndt ein Denkmal in dieser Dimension?

Welche Verdienste erwarb sich Arndt, dass er so verehrt wurde?  Er war sicherlich ein Kind seiner Zeit, jedoch mit Visionen, die er gegen vielfältigen Widerstand mit Hilfe von Gleichgesinnten in die Tat umsetzte.
 Am 26. Dezember 1769 wurde er als freier Mensch in Groß Schoritz geboren. Sein Vater Ludwig Nikolaus Arndt wurde am 28. März 1769 aus der Leibeigenschaft des Fürsten zu Putbus entlassen und als Gutsinspektor eingesetzt. Damit war ihm damit sein Schicksal bereits in die Wiege gelegt. 
Ernst Moritz Kindheit auf Gut Löbnitz bei Barth (1787 – 1805) beschrieb er als nun recht nett und behaglich.

Inselexperten-Tipp:

Der Autor Uwe Hinz bietet außerdem regelmäßig Stadtführungen in Bergen auf Rügen an:

“Mit Ihrem magister historicus das historische Bergen entdecken”
Ein Streifzug durch unsere Kultur-, Natur-, Architektur- und Kunstgeschichte

Mittwochs (vom 01. April bis 30.September) um 10.30 Uhr
Treffpunkt ist der Platz „ Am Goldener Brinken“ (obere Bahnhofstrasse an der Billroth –Eiche)

ab 2 Personen pro Pers. 10,00 EURO
Dauer ca. 120 Minuten
Individuelle Führungen zu anderen Tagen und Zeiten das ganze Jahr über gern nach Absprache.

Donnerstags (bis Ende September) Kirchen- und Klosterarealführungen von 11.30 – 12.30 Uhr (5 Euro pro Person)
melden am Informationsstand in der Kirche St. Marien

Kontakt: firma-hinz@web.de oder telefonisch unter 03838 252808 (oder abends unter 03838 308485)


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