Aller guten Dinge sind drei: Kulturelle Kostbarkeiten in den Putbuser Galerien (Teil 1 von 3)


Holger Vonberg ist gebürtiger und bekennender Rüganer. Sein Berufswunsch als Zweijähriger: „Urlauber Baabe“. Das hat nicht ganz geklappt. Ab 1991 war er als Journalist u. a. für den NDR, die OZ und den „Urlaubs-Lotsen“ auf der Insel unterwegs. Bis März... mehr

„Das unironischste Rot“

Wer in diesen Tagen in der fürstlichen Residenzstadt Putbus weilt und sich für Kunst interessiert oder sich ihr nähern will, sollte sich eines nicht entgehen lassen, nämlich den Besuch der drei Galerien. Sie liegen nur 340 Meter auseinander und zeigen – jede auf ihre Art – Kunst vom Feinsten:

Galerie CIRCUS EINS – Aktuelle Kunst im Kronprinzenpalais am Circus 1:

Die Galeristin und Kuratorin Susanne Burmester hat ein Gespür für das Besondere, für Künstler wie Robert Kraiss, dessen Zeichnungen und Skulpturen sie erstmals umfassend auf Rügen vorstellt. Bis zum 17. Juli ist die Ausstellung mit dem Titel „Das unironischste Rot“ täglich von 11 bis 17 Uhr geöffnet.

„Der Titel bietet Unterstützung an und leitet uns in die Irre – doch ehe wir uns versehen sind wir schon mittendrin und denken über alles nach“, sagt Susanne Burmester.
Und Robert Kraiss ergänzt: „Eine natürliche Reaktion auf den Titel ist eine gesteigerte Aufmerksamkeit für die Farbe Rot. Der Titel der Ausstellung und die darin gezeigten Arbeiten bilden aus solcher Perspektive eine Gesamt-Komposition, die primär auf die Aspekte „Farbe“ und „Ironie“ konzentriert ist.  Der Titel bekommt viel Gewicht – gemessen an seiner geringen Schwere. All die Mühe, die in der Herstellung der Bilder und Skulpturen steckt, wird mit einem Streich den Worten untergeordnet. Ihre Bedeutung einer fast willkürlich erscheinenden Umdeutungsneigung unterworfen. Das ist eine Verzerrung. Der angedeutete Sinn bestätigt sich aber kaum direkt aus der Betrachtung der Ausstellung, sondern fungiert eher als alleroffenste Einladung an den Betrachter, mit seinem schlauen und beherzten Blick die Ausstellung zu vervollständigen. Eine Offenheit wiederum, die einen starken Kontrast bildet zu den Exponaten der Ausstellung. Diese stellen eher Extremismen des anderen Pols dar und sind geprägt von starker Verdichtung, Hermetismus und Idiosynkrasie. Auch diese schriftliche Analyse in ihrer Verschrobenheit gehört in diesen Bereich.“

Robert Kraiss wurde 1972 in Bonn geboren. Er hat an der Kunstakademie Düsseldorf studiert und war Meisterschüler von Georg Herold. Ausgestellt hat er u.a. in der Galerie Desaga in Köln und bei Peter Kilchmann (Zürich). Auch an Gruppenschauen bei Isabella Bortolozzi in Berlin und in der Kunsthalle Düsseldorf hat er teilgenommen. Zuletzt wurde er 2015 in der artothek – Raum für junge Kunst in Köln mit einer Einzelausstellung vorgestellt.

Robert Kraiss nähert sich seiner Malgrundlage auf ungewöhnliche Art, nämlich mit dem Akkuschrauber(!),
um „Distanz und Ironisierung“ zu schaffen, wie er sagt. In den Akkuschrauber spannt er sieben Buntstiftminen ein, die über das Papier rotieren und großformatige Flächen in relativ kurzer Zeit mit ganz besonderen Strukturen füllen. Von Weitem betrachtet könnte man meinen, es handle sich um geknüpfte Teppiche oder Samt.

Susanne Burmester: „Mit Schnelligkeit macht er sich frei für die Empfängnis von Bildern, die intensiv sind und magisch, subjektiv und sperrig. Die Leere, die er durch diese und andere Distanzierungsverfahren erzeugt, ist reichhaltig und rätselhaft. Durch die Anhäufung von Gegensätzen und ironischen Irrläufern entsteht eine Art paradoxes Gewebe.“

Die gewonnene Zeit könne er dann gut für andere Sachen gebrauchen, sagt der Künstler. Denn es gibt Tätigkeiten, die Geduld erfordern und länger dauern, das Körbeflechten zum Beispiel, doch seine Körbe sind amorphe Skulpturen voller Spannungen, keine perfekten Gebilde, sondern dreidimensionale Rätsel, die auf Entschlüsselung warten.

Robert Kraiss erweitert übrigens seine künstlerische Arbeit durch musikalische Auftritte mit „Die Bäume“ und der „Ylmaz House Band“ sowie als Autor. Außerdem hat er aktuell einen Lehrauftrag für Zeichnung an der Universität Siegen und arbeitet als Ergotherapeut.

 

http://www.circus-eins.de

www.robertkraiss.de

https://soundcloud.com/die_baeume

Auf halbem Wege zwischen Circus 1 und der Galerie Rotklee ist die Orangerie zu finden. Wo einst die Zitronenbäumchen und Palmen des Fürsten überwinterten ist heute die Touristinformation der Stadt Putbus. Doch den größeren Raum beansprucht die Galerie des Landkreises Vorpommern Rügen in der Orangerie. Dazu morgen mehr.

 


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