Mehmed Kantarevic | Gastronom aus Bergen auf Rügen, Jahrgang 1959
Auf Rügen heimisch geworden
Am 9. Dezember 1991 hat der aus Bosnien-Herzegowina geflüchtete Mehmed Kantarevic in Hamburg einen Asylantrag gestellt – für sich, seine Frau und die beiden Töchter. Nach dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ war Europa im Umbruch. Große Veränderungen gab es nach den demokratischen Wahlen in der damaligen Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien, deren Regierung Anfang der 90er Jahre mit Waffengewalt versuchte, die Unabhängigkeitsbewegung ihrer Teilrepubliken zu stoppen, auch in Bosnien-Herzegowina.
Aus Angst, in Ex-Jugoslawien als Soldat in kriegerische Handlungen einbezogen zu werden, hatte sich der Koch und Kellner Kantarevic zur Flucht entschlossen. Über Hamburg und eine kurze Zwischenstation in der Zentralen Aufnahmestelle für Asylbewerber in Rostock-Lichtenhagen kam diese Flüchtlingsfamilie als eine der ersten nach dem Mauerfall nach Rügen.
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Mehmed Kantarevic ist ein Mann, der weiß, was er will. Vor allem wollte und will er nicht auf Kosten der Gesellschaft leben. So rang um Arbeitserlaubnis und Bleiberecht, studierte Gesetze, knüpfte Kontakte auch zu Politikern, hinterfragte Entscheidungen der Behörden, setzte durch, dass seine Töchter zur Schule gehen und eine Ausbildung machen konnten. Er steckte Niederlagen ein und stand wieder auf, um seinen Kindern eine sichere Zukunft bieten zu können. Fast zehn Jahre hat er schließlich um die Aufenthaltsgenehmigung gekämpft. Eine drohende Abschiebung konnte er mit Hilfe seiner Freunde auf Rügen verhindern. „Aber das ist eine ganz lange Geschichte.“
2003 nutzte er schließlich die Möglichkeit, kurz vor Weihnachten die Gaststätte „Süd-Eck“ in Bergen zu übernehmen. Deutsche Gerichte und Speisen vom Balkan bietet er seitdem in Bergen-Süd an. „Ich koche gern mit Paprika, Peperoni und Pfeffer. Nur das Süßsaure kriege ich nicht hin. Das müssen meine Köche machen“, sagt er und lacht.
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Mehr Infos:
Video und Foto: pocha.de
Insel Rügen. #25JAHRE
Nach dem Mauerfall in die Reisefreiheit. Deutschland feiert im Jahr 2015 „Silberhochzeit“: 25 Jahre Deutsche Einheit. Die Insel Rügen erinnert mit der Kampagne „#25JAHRE“ an jene Zeit vor und nach dem Mauerfall. Wie haben die Menschen auf Rügen, Ummanz und Hiddensee die gesellschaftliche Wende erlebt? Wie war ihr Leben in der DDR – an der unsichtbaren Mauer, die Ostsee hieß? Und wie ging es im neuen, vereinten Deutschland für sie weiter? Rügen hat sie: Menschen mit ihren spannenden Geschichten, authentisch, ehrlich, emotional, überraschend. Jede Woche des neuen Jahres steht für 52 dieser Gesichter, die immer freitags in Kurzfilmen auf Youtube (youtube.com/wirsindinsel), Vimeo und im Blog www.wirsindinsel.de gezeigt werden: Plattdänzer und Plattschnacker, „Ureinwohner“ und Neurüganer, Sänger, Künstler, Mitgestalter, eine Meisterin, der Wetterfrosch, der Nachbar und die Nachbarin. Spannende Geschichten, die zeigen, wie tief so manche Wurzel in die Rügener Geschichte hinein reicht, was Glück und was Heimat bedeuten und wie sich Zeiten und Menschen ändern, ob Wünsche und Träume wahr wurden oder Hoffnungen sich vielleicht doch nicht erfüllt haben. #25JAHRE ist ein Projekt voller Emotionen, ein Stück bewahrter Zeitgeschichte, ein Teil von Rügen.
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