Galerie Rotklee in Putbus: Erste Ausstellung am Markt 10


Holger Vonberg ist gebürtiger und bekennender Rüganer. Sein Berufswunsch als Zweijähriger: „Urlauber Baabe“. Das hat nicht ganz geklappt. Ab 1991 war er als Journalist u. a. für den NDR, die OZ und den „Urlaubs-Lotsen“ auf der Insel unterwegs. Bis März... mehr

Das Atelier Rotklee ist umgezogen. Neues Domizil dieser Künstlergemeinschaft ist das repräsentative Haus Nummer 10 am Markt zu Putbus, wo Walter G. Goes, Egon Arnold, Frank Otto Sperlich und Günther Haußmann die untere Etage für ihre Galerie angemietet haben – im Herzen der einstigen Fürstenresidenz zwischen Theater und Rathaus.

„Unexplored“ (unerforscht) heißt ihre VIII. gemeinsame Ausstellung mit Skulpturen, Malereien, Zeichnungen, Objekten und Fotos. Das ursprüngliche Thema „Urlaub“ war verworfen worden. Da hieß es für Egon Arnold, noch einmal ganz von vorn zu beginnen. So entstand im Juli eine Serie von mehreren thematisch unbelasteten Aquarellen, mit denen sich der Künstler „vor allem an Freunde schöner, zeitloser Malerei“ wendet. „Darüber hinaus werden zwei aktuelle Baumstudien vorgestellt, entstanden auf der Insel Vilm, wo ich seit fast zwanzig Jahren zeichne und male“, so Egon Arnold.

Mit diesen Arbeiten verweise er auf den Gastbeitrag des Graphikers Joachim Daerr (1909-1986). Dieser hatte bis Ende der 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts den Vilm oft besucht. Sechs außergewöhnliche Leihgaben von Gisela Neumann aus Neuendorf sind in der Ausstellung zu sehen: eine der seltenen Keramiken von Daerr, auch Arbeiten aus dem Spätwerk des in Witten an der Ruhr verstorbenen Künstlers, der von 1945 bis 1958 Kunsterzieher auf Rügen war.

Joachim Daerr verbrachte in Putbus seine Schulzeit, war in der einstigen Residenzstadt nach seinem Staatsexamen auch Referendar und Kunsterzieher. „Angefangen hat er als abstrakter Maler. Hier aber begann er zu ‚landschaften’“, erzählt Egon Arnold.

1958 hatte Lehrer Daerr mit seiner Frau die DDR verlassen müssen, weil zwei seiner Schüler eine Abiturfahrt nach Berlin genutzt hatten, um sich in den Westen abzusetzen. Fünf Lehrerfamilien seien damals vom Gymnasium „entfernt“ worden. Auch Daerr, der von Fachleuten mit Feininger verglichen wird, aber in der Bundesrepublik nie richtig Fuß fassen konnte. Er habe als über 70-Jähriger in der Fremde viele Bilder mit Salzwasser, mit seinen Tränen, gemalt, so Arnold vor ein paar Jahren bei einer Ausstellungseröffnung zu dessen 100. Geburtstag.

Mit Sandpapier hat Günther Haußmann einer Bronzeskulptur kurz vor der Ausstellungseröffnung noch den letzten Schliff gegeben. Seine schöne Galatea hockt nun graziös im Eingangsbereich der Galerie – so, als wache sie stolz über die anderen Schöpfungen. Ihre Haut trägt Muster. „Ich will keine Antwort auf die Frage, wofür die Oberfläche steht“, sagt Günther Haußmann. „Wichtig allein ist: Ich habe eine kleine Zeit damit verbracht und mich frei gefühlt.“ In seinem künstlerischen Wirken könne er sich aber nicht nur mit den schönen Dingen beschäftigen – angesichts der Hässlichkeiten in der Welt. Darum auch die überdimensionale Hand mit dem Stinkefinger, der die Gier als Gründübel allen menschlichen Handelns anprangern soll.

Der Tanz um das Goldene Kalb, die Sintflut und weitere Motive aus der biblischen Geschichte hat Frank Otto Sperlich mit kräftigen Farben und starkem Pinselstrich sehr dynamisch und dramatisch auf die Leinwand gebracht. „Immer wieder erzählt die Bibel von Verfehlungen, vomm Sittenverfall, von Hartherzigkeit oder Götzenverehrung. . . Fast unheimlich kommt einem heute die Aktualität der ausgewählten Passagen vor“, so Sperlich. In einem Triptychon widmet er sich einem ganz anderen Thema: einer wahrlich wogenden Welle. Atemberaubend echt das Licht, die Gischt, das wilde Wasser.

Vierter Künstler im Bunde ist Walter G. Goes mit Objektkunst und zwei Bildern. Er zeigt das Aquarell „Mädchen aus Vilmnitz“ aus dem Jahr 1988 und den roten Ariadnefaden von 2005. „Wir Zeitgenossen finden nur noch selten mit einem dargereichten roten Faden durch die Labyrinthe der Welt. Und hilfreiche Prinzessinnen wie die Ariadne laufen einem auch nicht oder immer seltener über den Weg“, so Goes.

Hintersinnig, überraschend, originell und schonungslos sind seine Objekte, in denen er sich unter anderem mit dem Führerkult („Leck Dich, Du A.“), mit „Szenen einer Ehe“ und der Finanzkrise („Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist der Nutznießer an der Griechen Land?“) auseinandersetzt.

 

Die Vernissage ist am Freitag, dem 7. August, um 19 Uhr. Die Ausstellung am Markt 10 in Putbus ist bis zum 13. September donnerstags bis sonntags von 13 bis 18 Uhr und „auf gut Glück“ geöffnet.


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