Da schlagen Archäologenherzen höher: Im slawischen Burgwall von Arkona sind bei Rettungsgrabungen Pfostengruben eines circa 8 mal 12 Meter großen Zeremoniengebäudes entdeckt worden. Möglicherweise war dieses Kulthaus noch länger, doch Küstenabbrüche haben die achte Grube in der Ostsee versinken lassen. Nicht auszuschließen, dass hier einst noch mehr mit Steinen stabilisierte Pfostengruben existierten.
„Ich mag den Begriff archäologische Sensation nicht, aber was wir im Burgwall von Arkona entdeckt haben, ist eine Riesenüberraschung“,
so Dr. Detlef Jantzen, Leiter des Landesamtes für Kultur und Denkmalpflege. „Mit diesem Fund können wir neue Erkenntnisse gewinnen und weitere Aspekte in die Erforschung der slawischen Kultplätze einfließen lassen.“
Diese Stabfundamente mit je einem Meter Grubendurchmesser und einem Meter Tiefe haben in ihrer Gesamtheit annähernd die Umrisse eines Schiffes und sind für die slawische Welt einmalig. In dieser Größe und Art gibt es nach Aussagen der Experten kein vergleichbares im südlichen Ostseeraum. Lediglich in Schweden und Dänemark sind ähnliche Fundamentreste derartiger repräsentativer Gebäude zu finden.
1999 ist die erste Grube entdeckt aber nicht weiter beachtet worden. Die jüngeren Rettungsgrabungen ergaben jedoch eine gewisse Anordnung mehrerer Gruben, die mit Steinen gefüllt waren. Dann wurde ganz gezielt an jenen Stellen gesucht, an denen weitere zu vermuten waren. Volltreffer!
Die Augen von Dr. Fred Ruchhöft leuchten, wenn er davon erzählt. Neben den Pfostengruben wurden auch mehrere Opfergruben gefunden, in denen so genanntes Hacksilber, 200 Perlen und Münzen, Messer und 350 Pfeilspitzen ans Tageslicht geholt werden konnten. Dr. Fred Ruchhöft dokumentiert und arbeitet diese Funde vom Kap wissenschaftlich auf. Insgesamt sind es 40 000 Fundstücke, die von der wechselvollen Geschichte des Heiligtums der Rügenslawen, der Ranen, und ihrer Nachfolger erzählen. Arkona sei der Schlüssel für weitere Tempelburgen wie das sagenumwobene und noch immer nicht entdeckte Rethra, so Ruchhöft.
Angeseilt wie ein Bergsteiger hantiert der archäologische Mitarbeiter Benno Zander mit einem Metalldetektor unmittelbar an der Abbruchkante. 50 Zentimeter neben ihm geht es 40 Meter in die Tiefe.
Das wissen auch Tamara Belokopytova aus Geestland/ Debstedt bei Bremerhaven und Tobias Pietsch aus Mecklenburg. Sie arbeitet normalerweise beim DRK, er ist Historiker und in Berlin in einem Erben-Ermittlungsbüro tätig.
Bis Ende Oktober laufen die diesjährigen Rettungsgrabungen, finanziert vom Land Mecklenburg-Vorpommern und der Gemeinde Putgarten. Und vielleicht werden die Schätze Arkonas eines Tages auch hier der Öffentlichkeit gezeigt. Dazu aber, das wissen die Experten schon lange, braucht man ein schlüssiges Konzept, einen attraktiven Ausstellungsort – und Geld.
Urlauber und Einheimische, die Interesse haben, bei den Rettungsgrabungen auf Arkona zu helfen, können sich gern beim Grabungsleiter Volkhart Hirsekorn melden. Telefon: 0157 2097178.
Von Montag bis Donnerstag gibt es immer um 14 Uhr kostenlose Führungen durch den normalerweise gesperrten slawischen Burgwall. Treff ist am Eingang neben dem Peilturm.
Fotos: Holger Vonberg
Luftbild: Nico Offermann/ Rügen TV
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