Einzigartige archäologische Entdeckung auf Arkona: Gruben entpuppen sich als Fundamente einer Kulthalle!


Holger Vonberg ist gebürtiger und bekennender Rüganer. Sein Berufswunsch als Zweijähriger: „Urlauber Baabe“. Das hat nicht ganz geklappt. Ab 1991 war er als Journalist u. a. für den NDR, die OZ und den „Urlaubs-Lotsen“ auf der Insel unterwegs. Bis März... mehr

Da schlagen Archäologenherzen höher: Im slawischen Burgwall von Arkona sind bei Rettungsgrabungen Pfostengruben eines circa 8 mal 12 Meter großen Zeremoniengebäudes entdeckt worden. Möglicherweise war dieses Kulthaus noch länger, doch Küstenabbrüche haben die achte Grube in der Ostsee versinken lassen. Nicht auszuschließen, dass hier einst noch mehr mit Steinen stabilisierte Pfostengruben existierten.

„Ich mag den Begriff archäologische Sensation nicht, aber was wir im Burgwall von Arkona entdeckt haben, ist eine Riesenüberraschung“,

so Dr. Detlef Jantzen, Leiter des Landesamtes für Kultur und Denkmalpflege. „Mit diesem Fund können wir neue Erkenntnisse gewinnen und weitere Aspekte in die Erforschung der slawischen Kultplätze einfließen lassen.“

Diese Stabfundamente mit je einem Meter Grubendurchmesser und einem Meter Tiefe haben in ihrer Gesamtheit annähernd die Umrisse eines Schiffes und sind für die slawische Welt einmalig. In dieser Größe und Art gibt es nach Aussagen der Experten kein vergleichbares im südlichen Ostseeraum. Lediglich in Schweden und Dänemark sind ähnliche Fundamentreste derartiger repräsentativer Gebäude zu finden.

 

Wer hat das Arkonahaus gebaut? Was wurde dort zelebriert? Wie hat man die Opferfeste gefeiert?
All das gibt den Forschern weiter Rätsel auf, denn schriftliche Überlieferungen gibt es aus jener Zeit nicht, lediglich das Werk von Saxo Grammaticus, der den Kultplatz der Slawen auf Arkona nach der Eroberung durch die Dänen im Jahre 1168 beschrieb.

1999 ist die erste Grube entdeckt aber nicht weiter beachtet worden. Die jüngeren Rettungsgrabungen ergaben jedoch eine gewisse Anordnung mehrerer Gruben, die mit Steinen gefüllt waren. Dann wurde ganz gezielt an jenen Stellen gesucht, an denen weitere zu vermuten waren. Volltreffer!

Die Augen von Dr. Fred Ruchhöft leuchten, wenn er davon erzählt. Neben den Pfostengruben wurden auch mehrere Opfergruben gefunden, in denen so genanntes Hacksilber, 200 Perlen und Münzen, Messer und 350 Pfeilspitzen ans Tageslicht geholt werden konnten. Dr. Fred Ruchhöft dokumentiert und arbeitet diese Funde vom Kap wissenschaftlich auf. Insgesamt sind es 40 000 Fundstücke, die von der wechselvollen Geschichte des Heiligtums der Rügenslawen, der Ranen, und ihrer Nachfolger erzählen. Arkona sei der Schlüssel für weitere Tempelburgen wie das sagenumwobene und noch immer nicht entdeckte Rethra, so Ruchhöft.

Angeseilt wie ein Bergsteiger hantiert der archäologische Mitarbeiter Benno Zander mit einem Metalldetektor unmittelbar an der Abbruchkante. 50 Zentimeter neben ihm geht es 40 Meter in die Tiefe.

 

Wie sicher dieser Grabungsort ist?
  Niemand weiß es. Darum die Arbeit an der langen Leine und mit Helm. Konzentriert sucht Benno Zander die weit vorn am Kliff liegende Grube ab. Bald wird auch sie auf Nimmerwiedersehen in der Ostsee verschwunden sein, denn die hält sich nicht an das Erhaltungsgebot der Denkmalschützer. Jahr für Jahr gehen hier rund 50 Zentimeter verloren, bei großen Abbrüchen weit mehr.

Das wissen auch Tamara Belokopytova aus Geestland/ Debstedt bei Bremerhaven und Tobias Pietsch aus Mecklenburg. Sie arbeitet normalerweise beim DRK, er ist Historiker und in Berlin in einem Erben-Ermittlungsbüro tätig.

 

Beide nutzen ihren Urlaub, um hier ehrenamtlich mitzumachen.
  Tamara kommt ursprünglich aus Russland und interessiert sich sehr für die Geschichte der Slawen und das Hobby Archäologie. Tobias weiß zwar, dass es mit der Erben-Ermittlung an dieser Stelle eher aussichtslos ist, aber an einem so magischen und geschichtsträchtigen Ort helfen zu können, das entschädigt ihn für die Rückenschmerzen, die stechende Sonne auf der Haut und die Schwielen an den Händen.

Bis Ende Oktober laufen die diesjährigen Rettungsgrabungen, finanziert vom Land Mecklenburg-Vorpommern und der Gemeinde Putgarten. Und vielleicht werden die Schätze Arkonas eines Tages auch hier der Öffentlichkeit gezeigt. Dazu aber, das wissen die Experten schon lange, braucht man ein schlüssiges Konzept, einen attraktiven Ausstellungsort – und Geld.

 

Urlauber und Einheimische, die Interesse haben, bei den Rettungsgrabungen auf Arkona zu helfen, können sich gern beim Grabungsleiter Volkhart Hirsekorn melden. Telefon: 0157 2097178.

 

Von Montag bis Donnerstag gibt es immer um 14 Uhr kostenlose Führungen durch den normalerweise gesperrten slawischen Burgwall. Treff ist am Eingang neben dem Peilturm.

 

Fotos: Holger Vonberg

Luftbild: Nico Offermann/ Rügen TV

 


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