Vier Rügener Künstler, ein Atelier, ein Thema: Egon Arnold, Frank Otto Sperlich, Günther Haußmann und Walter G. Goes zeigen aktuell „Köpfe“ in ihrem Atelier Rotklee in Putbus (Circus 2b). „Köpfe“, das sind Skulpturen, Malereien und Zeichnungen, Objekte, Collagen, auch ein Film und Fotos. „Köpfe“, das ist die Auseinandersetzung mit sich selbst, mit dem Wert, der im „Ich“ steckt.
„Im Anfang war die Kopie“, zitiert Egon Arnold die Bibel auf seine Art. „Ob Klon, Kopie oder Datenmüll – die Bedeutung der Person und der Persönlichkeit schwankt gerade heute zwischen verhängnisvoller Überbewertung und trauriger Auflösung. Wie begegnet der Einzelne dieser Tatsache?“ Egon Arnold beantwortet diese Frage mit einer Serie von aktuellen Zeichnungen, Linoldrucken und sich darin gebetsmühlenartig wiederholenden fotografischen Selbstporträts. Und er schreibt über das „Ich“, während er am Ende des Satzes mit einer Klammer eine neue Frage stellt: „Die Erfüllung liegt im Schaffen. Ich spiele, also bin ich (frei).“
Frank Otto Sperlich hat im Film einen Menschen mit wunderbarer Ausstrahlung und einem Charakterkopf festgehalten: den seit 2008 auf Rügen lebenden Künstler Hanns Studer aus der Schweiz, dessen Metier die Glasmalerei, der Holzschnitt und die Malerei waren. Ein beeindruckendes Filmporträt, das wir demnächst in diesem Blog vorstellen dürfen. Neben dem Flachbildschirm: großflächige Köpfe, auf derbem Stoff voller Energie von Sperlich gemalt.
Während der Dreharbeiten hat sich Günther Hausmann mit der Fotokamera dem Künstler Studer genähert und ein Porträt eingefangen, das auch ohne Worte unendlich viele Geschichten erzählen kann. Aus diesem Gesicht sprechen Weisheit, Güte, aber auch Strenge. . . Dreidimensional sind Haußmanns weiteren Werke: knallrot lackierte Köpfe, die zwar identisch sind, aber durch ihre Haltung auf unterschiedlich hohen Podesten ihre ganz individuelle Wirkung entfalten. „Wie gehen Menschen in einer christlich geprägten Kultur 2000 Jahre nach Christus miteinander um?“ Diese Frage ist ein zentrales Thema in seinem Schaffen und spiegelt sich auch in dem Relief „Deformation“ wider.
Mit dem Historiker Wolfgang Leonhard (1921-2014) hat sich Walter G. Goes in einer Bilderserie auseinandergesetzt. In Rostock sind sie sich nach der Wende in einer Lesung begegnet. Noch heute hat Goes dieses Schlüsselerlebnis vor Augen: Der Bestsellerautor („Die Revolution entlässt ihre Kinder“) fuhr die Rolltreppe in dem Buchladen hinauf und über seinem Kopf hing das berühmte Zungenbild von und mit Albert Einstein. Doch erst in der Signierstunde fand Goes die Möglichkeit, den streitbaren Autor Leonhard zu fotografieren, wobei das Licht wie ein Gedankenblitz einen Teil von Leonhards Kopf überstrahlte. Und genau dieses Bild verfremdete Goes in seiner eindrucksvollen Serie bis hin zur völligen Auflösung.
Es gibt noch mehr zu entdecken in dieser Galerie: Marx in Objektkunst von Goes, zwei Sichtweisen auf Adrian Leverkühn oder zwei Kopf-Radierungen von Max Uhlig.
Geöffnet ist das Atelier Rotklee in Putbus am Circus 2b immer donnerstags bis sonntags von 13 bis 18 Uhr und auf gut Glück. Die VII. ist übrigens die letzte Ausstellung in diesem Haus. Danach zieht das vierblättrige Künstlerkleeblatt um – in Räume des Hauses Markt 10 in Putbus.
PS: Die Inselexperten danken den Künstlern für die freundliche Genehmigung, ihre Werke zu veröffentlichen.
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