Janet Lindemann | Autorin und Verlegerin aus Sellin, Jahrgang 1977
Die Welt mit Kinderaugen sehen
In ihrem bunten Kreativzimmer fühlt sie sich besonders wohl: Janet Lindemann aus Sellin. Sie setzt sich an einen Tisch, der aus sehr alten, übereinander gestapelten Koffern besteht. In dem einen bewahrt sie Strandgut auf, gelbe, grüne abgeschliffene Glasscherben, runde Ziegelreste, Muscheln, Schwemmholz. In dem nächsten sind Socken, die allein gelassen worden sind und sich wunderbar in Handpuppen verwandeln lassen. Den dritten Koffer macht sie nur kurz auf. Und ihre großen, blauen Augen leuchten überzeugend, während sie verrät, dass in diesem Koffer Berliner Luft sei.
Janet Lindemann wurde im Dezember 1977 als 1234. Kind des Jahres im Bergener Krankenhaus geboren, war fast 12 Jahre alt zur Wende und hat damals bei ihrer Oma gelebt, in Siggermow bei Bergen.
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Diese modischen Sportschuhe in Weiß sollten 75 Ostmark kosten, erinnert sich Janet. Aber in ihrer Größe mussten schon 250 Mark der DDR hingeblättert werden. Viel Geld für die Oma, die sich schließlich überreden ließ, ihrer Enkelin auch noch einen Jeansrock mit einem Flicken und schwarze Leggings mit weißen Fransen zu kaufen.
Als dreifache Mutter denkt Janet Lindemann heute ganz anders darüber. Sie will nicht nur ihren Kindern Maria, Emma und Emil andere Werte vermitteln, welche Schätze beispielsweise in Büchern stecken können. Sie schreibt Kinderbücher und bringt diese neuerdings auch mit ihrem Inselkinderverlag auf den Markt – wie das jüngste Buch „Muschel Moni und der Schatz“. Auch das versteht die gelernte Einzelhandelskauffrau und journalistische Seiteneinsteigerin als ein Stückchen Freiheit.
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Rügen ist für Janet Lindemann die Insel, die sie besonders ins Herz geschlossen hat. Die ersten drei Jahre des Lebens hat sie nur Plattdeutsch gesprochen. Das war nun mal so in ihrer Familie in Siggermow. Im Kindergarten lernte sie erstmals das Hochdeutsche kennen, versteht auch heute noch die Einheimischen sehr gut. Sie spricht jetzt aber eher selten up Platt und wünscht sich, das die Inselkinder wieder mehr an diese Mundart herangeführt werden.
Janet Lindemann blättert in alten Fotoalben und denkt an ihre Kindheit, an Schaprode und die weißen Häuser von der scheinbar fernen Welt Hiddensee, an das ursprüngliche Wreechen und die unendlich langen 13 Stunden bis Mölln bei ihrer ersten Fahrt mit den Eltern und Oma im Trabi in Richtung Westen. Und sie erinnert sich das Vorwende-Angebot in den DDR-Kaufhallen.
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Foto und Video: pocha.de
Insel Rügen. #25JAHRE
Nach dem Mauerfall in die Reisefreiheit. Deutschland feiert im Jahr 2015 „Silberhochzeit“: 25 Jahre Deutsche Einheit. Die Insel Rügen erinnert mit der Kampagne „#25JAHRE“ an jene Zeit vor und nach dem Mauerfall. Wie haben die Menschen auf Rügen, Ummanz und Hiddensee die gesellschaftliche Wende erlebt? Wie war ihr Leben in der DDR – an der unsichtbaren Mauer, die Ostsee hieß? Und wie ging es im neuen, vereinten Deutschland für sie weiter? Rügen hat sie: Menschen mit ihren spannenden Geschichten, authentisch, ehrlich, emotional, überraschend. Jede Woche des neuen Jahres steht für 52 dieser Gesichter, die immer freitags in Kurzfilmen auf Youtube (youtube.com/wirsindinsel), Vimeo und im Blog www.wirsindinsel.de gezeigt werden: Plattdänzer und Plattschnacker, „Ureinwohner“ und Neurüganer, Sänger, Künstler, Mitgestalter, eine Meisterin, der Wetterfrosch, der Nachbar und die Nachbarin. Spannende Geschichten, die zeigen, wie tief so manche Wurzel in die Rügener Geschichte hinein reicht, was Glück und was Heimat bedeuten und wie sich Zeiten und Menschen ändern, ob Wünsche und Träume wahr wurden oder Hoffnungen sich vielleicht doch nicht erfüllt haben. #25JAHRE ist ein Projekt voller Emotionen, ein Stück bewahrter Zeitgeschichte, ein Teil von Rügen.
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