Rita Stahnke | ehem. Kindergärtnerin aus den Fischerdorf Vitt, Jahrgang 1930
Dreifarbenfische aus dem Grenzgebiet
Rita Stahnke ist die älteste Einwohnerin von Vitt und lebt in einem kleinen, schilfgedeckten Haus – nur eine Steinwurfweite vom Wasser entfernt. Sie wurde in Odermünde geboren und kam 1951 nach Arkona – als Fremde, die zunächst von den Einheimischen misstrauisch beäugt wurde. Das änderte sich spätestens, als ihr erstes Kind in Vitt das Licht der Welt erblickte. Ihr leider viel zu früh verstorbener Mann war Fischer. Und sein Vitt galt vom 10. Jahrhundert bis zum Ende der DDR als bedeutender Fischereihafen und Herings-Umschlagplatz.
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Der Aal wurde zu DDR-Zeiten mit einem Augenzwinkern als Dreifarbenfisch bezeichnet, weil er grün gefangen, braun geräuchert und oft schwarz verkauft wurde. Mit Aal haben die Fischer ihre Erntehelfer bezahlt. Aber auch als Tauschobjekt war dieser Edelfisch begehrt. Für ihn gab es Bad-Armaturen, Nachschalldämpfer für den Trabi oder auch Fliesen für die Küche.
Rita Stahnke arbeitete von 1946 bis 1948 im Kinderheim Wiek, das später zur größten Kinderkureinrichtung der DDR werden sollte. In jedem Durchgang konnten 1000 kleine Kurpatienten untergebracht werden. Tante Rita, wie sie noch heute von ehemaligen Schützlingen liebevoll genannt wird, wurde Erziehungshelferin, dann Kindergärtnerin, und ist stolz auf ihre drei Kinder, sechs Enkel und drei Urenkel. „Vitt war früher noch nicht so überlaufen wie heute“, erinnert sich Rita Stahnke, die damals im stark bewachten Grenzgebiet lebte.
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Den Menschen auf der Halbinsel Wittow wird ja nachgesagt, dass sie sehr bodenständig und nur bedingt reiselustig sind. „Natürlich hatten wir auch Fernweh, wenn die Schwedenfähren von Sassnitz und Trelleborg am Kap Arkona vorbei fuhren“, sagt Rita Stahnke. Anfang der 1960er Jahre bekam sie eines der begehrten Tickets für eine Überfahrt, weil ihre Schwiegermutter auf der Fähre arbeitete. Diese stürmische Tour mit mächtigen Wellen werde sie nie vergessen. Da die Passagiere aus der DDR in Trelleborg nicht an Land durften, war der Blick vom Oberdeck auf das Hafengelände das Einzige, was sie neben der Seekrankheit als Erinnerung an Schweden mit nach Hause nahm.
Immer wieder sei es in jener Zeit vorgekommen, dass Passagiere in Trelleborg ins Hafenbecken sprangen, um zu fliehen. Darum hätten die Schweden auch sicherheitshalber Krankenwagen und Rettungskräfte an der Kaimauer in Bereitschaft gehabt, so Rita Stahnke.
Der Mauerfall 1989 eröffnete auch ihr neue Horizonte.
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Foto und Video: pocha.de
Insel Rügen. #25JAHRE
Nach dem Mauerfall in die Reisefreiheit. Deutschland feiert im Jahr 2015 „Silberhochzeit“: 25 Jahre Deutsche Einheit. Die Insel Rügen erinnert mit der Kampagne „#25JAHRE“ an jene Zeit vor und nach dem Mauerfall. Wie haben die Menschen auf Rügen, Ummanz und Hiddensee die gesellschaftliche Wende erlebt? Wie war ihr Leben in der DDR – an der unsichtbaren Mauer, die Ostsee hieß? Und wie ging es im neuen, vereinten Deutschland für sie weiter? Rügen hat sie: Menschen mit ihren spannenden Geschichten, authentisch, ehrlich, emotional, überraschend. Jede Woche des neuen Jahres steht für 52 dieser Gesichter, die immer freitags in Kurzfilmen auf Youtube (youtube.com/wirsindinsel), Vimeo und im Blog www.wirsindinsel.de gezeigt werden: Plattdänzer und Plattschnacker, „Ureinwohner“ und Neurüganer, Sänger, Künstler, Mitgestalter, eine Meisterin, der Wetterfrosch, der Nachbar und die Nachbarin. Spannende Geschichten, die zeigen, wie tief so manche Wurzel in die Rügener Geschichte hinein reicht, was Glück und was Heimat bedeuten und wie sich Zeiten und Menschen ändern, ob Wünsche und Träume wahr wurden oder Hoffnungen sich vielleicht doch nicht erfüllt haben. #25JAHRE ist ein Projekt voller Emotionen, ein Stück bewahrter Zeitgeschichte, ein Teil von Rügen.
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