Roland Ehrich | Küchenchef im Cliff Hotel Sellin, Jahrgang 1957
„Diplomat in Weiß“ mit heimlichen Westkontakten
Roland Ehrich kam nach seiner Kochlehre von Sachsen-Anhalt auf die malerische Insel Rügen und fing 1978 im Ostseebad Sellin als Jungkoch an – im neu eröffneten Erholungsheim des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands. Damals hieß das Objekt ganz neutral und ein wenig irreführend „Erholungsheim Baabe“. Nur eine Saison wollte Roland Ehrich bleiben. Daraus wurde mehr. An seinen Berufsstart in diesem Erholungsheim der Parteikader kann er sich noch gut erinnern.
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Das Erholungsheim des ZK der SED konnte sich sehen lassen, war aber für das Volk unerreichbar, weil hermetisch abgeriegelt – in exklusiver Lage, hoch oben an der Steilküste. Das Haus hatte und hat noch immer eine edle Sandsteinfassade, die an den Bauhausstil erinnert, einen eigenen Fahrstuhl zum Strand, eine Schwimmhalle mit wettkampfgerechten 25-Meter-Bahnen unter einer trichterförmigen und scheinbar schwebenden Hyparschale des Binzer Landbaumeisters Ulrich Müther. Die tschechische Kinotechnik von einst funktioniert heute wieder. Und sollte es mit der Stromversorgung aus dem öffentlichen Netz einmal nicht funktionieren wie im Katastrophenwinter 1978/79, das Hotel hat auch ein mächtiges Notstromaggregat, einen alten DDR-Schiffsdiesel.
In dem Ferienheim logierten zu DDR-Zeiten nicht nur hohe SED-Funktionäre mit ihren Familien, auch Vertreter von sozialistischen und kommunistischen Parteien der damaligen Bruderländer aus aller Welt.
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Als Roland Ehrich im Ferienheim Baabe anfing, musste er unterschreiben, dass er den Kontakt zu seinen Verwandten in der BRD abbrechen werde. Die Zwillingsschwester seines Vaters war kurz vor dem Mauerbau in den Westen gegangen. Enge Kontakte gab es mit seinem fast gleichaltrigen Cousin, auch später noch, als Roland für die DDR-Oberen kochte. Die Treffen mit der Verwandtschaft waren riskant, hätten gar seinen Job kosten können.
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Dass der politische Umbruch in der DDR auch im Ferienheim des ZK der SED ein besonderer Schnitt werden würde, war allen 140 Mitarbeitern klar. Die Beschäftigten nahmen Ende 1989 das Ruder selbst in die Hand, stellten sich der Verantwortung, trafen plötzlich wichtige Entscheidungen. Auch Roland Ehrich war dabei. Anfangs bestimmte noch die Treuhand, was zu tun und zu lassen war, weil das Haus unter das Parteiengesetz fiel, so Ehrich. Im Dezember 1989 wurde das Erholungsheim Baabe umbenannt, hieß von da an Cliff Hotel.
Schon im Februar 1990 öffneten sich der Schlagbaum und das Hotel – für alle. Auch für die Rüganer, die wissen wollten, wie die Genossen gelebt haben. Goldene Wasserhähne fand man nicht, wohl aber einen besseren Standard als in den bekannten FDGB-Ferienheimen.
Das Cliff Hotel gehört heute zur Gruppe Privathotels Dr. Lobeck GmbH & Co. KG, ist technisch auf dem modernsten Stand, luxuriös umgebaut und als First Class Herberge ein beliebtes Reiseziel. Als Partner der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern hat es sich einen Namen gemacht. Auch zum 3. Rügener Festspielfrühling, der am 13. März 2015 beginnt, ist das Hotel Gastgeber für die Musiker, so Roland Ehrich.
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www.cliff-hotel.de
www.festspiele-mv.de
Foto/Video: pocha.de
Insel Rügen. #25JAHRE
Nach dem Mauerfall in die Reisefreiheit. Deutschland feiert im Jahr 2015 „Silberhochzeit“: 25 Jahre Deutsche Einheit. Die Insel Rügen erinnert mit der Kampagne „#25JAHRE“ an jene Zeit vor und nach dem Mauerfall. Wie haben die Menschen auf Rügen, Ummanz und Hiddensee die gesellschaftliche Wende erlebt? Wie war ihr Leben in der DDR – an der unsichtbaren Mauer, die Ostsee hieß? Und wie ging es im neuen, vereinten Deutschland für sie weiter? Rügen hat sie: Menschen mit ihren spannenden Geschichten, authentisch, ehrlich, emotional, überraschend. Jede Woche des neuen Jahres steht für 52 dieser Gesichter, die immer freitags in Kurzfilmen auf Youtube (youtube.com/wirsindinsel), Vimeo und im Blog www.wirsindinsel.de gezeigt werden: Plattdänzer und Plattschnacker, „Ureinwohner“ und Neurüganer, Sänger, Künstler, Mitgestalter, eine Meisterin, der Wetterfrosch, der Nachbar und die Nachbarin. Spannende Geschichten, die zeigen, wie tief so manche Wurzel in die Rügener Geschichte hinein reicht, was Glück und was Heimat bedeuten und wie sich Zeiten und Menschen ändern, ob Wünsche und Träume wahr wurden oder Hoffnungen sich vielleicht doch nicht erfüllt haben. #25JAHRE ist ein Projekt voller Emotionen, ein Stück bewahrter Zeitgeschichte, ein Teil von Rügen.
2 Kommentare
13. März 2015 | 15:36
Herzliche Grüße aus dem schönen
Berlin !
Weiterhin viel Glück und Erfolg!
Werner Fuhrmann, Ehrenpräsident,
Freundeskreis Europa Berlin e. V.
+ think european be european,
Vicepräsident
13,März 2015
19. März 2015 | 12:22
Besten Dank Herr Fuhrmann. Wir freuen uns über Ihr Feedback!
Alles Gute auch für Sie.
Beste Grüße aus der Redaktion.