Martin Haase | Rentner, Jahrgang 1936
Ein Meister an der Betonspritzpumpe
Martin Haase aus Groß Stresow hat ein tonnenschweres Stück aus seinem bewegten Arbeitsleben vor der Verschrottung bewahrt: eine Betonspritzpumpe auf einem Mercedes-Lkw. 1970 reiste sein Chef Ulrich Müther auf Weisung des DDR-Ministerrates extra in die BRD, um dieses Gerät auf die Insel Rügen zu holen. Mit dieser Technik aus dem Westen war Martin Haase als DDR-Bürger international im Einsatz, wenn es darum ging, die Ideen, hoch komplizierten Berechnungen und kühnen Pläne des Rügener Landbaumeisters und Architekten Ulrich Müther in filigranen Spritzbeton mit großen Spannweiten und mehrfach gekrümmten Flächen zu verwandeln. Zusammen mit seinem inzwischen verstorbenen Kollegen, dem Maschinisten Adolf Marschalk, war der Düsenführer Martin Haase, auch Torkretierer genannt, ein unschlagbares Zweierteam, dem es gelang, Bobbahnen oder futuristische Planetarien, wie Segel aussehende Bushaltestellen oder auch Gaststätten und Messehallen als Hyparschalen zu bauen. Auch ein Teil der Kriegsgräberstätte auf dem Golm (Usedom) wurde im Spritzbetonverfahren hergestellt, etliche Bauten sogar ohne richtige Schalung.
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Von 1961 an arbeitete Martin Haase mehr als 30 Jahre lang in der Firma von Ulrich Müther, den er sehr achtete, weil der Architekt von der Idee bis zum fertigen Objekt in vielen Fällen alle Fäden in der Hand hielt, das Vorhaben vor Ort begleitete und die Fertigstellung überwachte. Martin Haase war eine Zeitlang „Reisekader“, durfte also auch im „nichtsozialistischen Ausland“ arbeiten, wie es damals hieß, in Libyen und auch in Wolfsburg, wo Müthers Firma das Planetarium baute. Dafür lieferte der Volkswagenkonzern Anfang der 1980er Jahre 10 000 Autos vom Typ Golf in die DDR. Ans Abhauen dachte Martin Haase nie.
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Martin Haase bedauert, dass einige Hyparschalen wie das Ahornblatt in Berlin oder Müthers Diplomarbeit, eine Dachkonstruktion in Binz, abgerissen wurden und somit ein für alle Mal von der Bildfläche verschwanden. Andererseits erfüllt es ihn mit Stolz, sanierte Schalenbauten wieder zu sehen, die „kühnen Solitäre“, wie Herausgeber Wilfried Dechau ein längst vergriffenes Buch über Müthers Bauten betitelte.
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Hier geht es zum Blogbeitrag über Ulrich Müther und seine Bauwerke auf Rügen.
Zum Blogbeitrag über die Christian-Müther-Gedächtnisfahrten.
Foto und Film von pocha.de
Insel Rügen. #25JAHRE
Nach dem Mauerfall in die Reisefreiheit. Deutschland feiert im Jahr 2015 „Silberhochzeit“: 25 Jahre Deutsche Einheit. Die Insel Rügen erinnert mit der Kampagne „#25JAHRE“ an jene Zeit vor und nach dem Mauerfall. Wie haben die Menschen auf Rügen, Ummanz und Hiddensee die gesellschaftliche Wende erlebt? Wie war ihr Leben in der DDR – an der unsichtbaren Mauer, die Ostsee hieß? Und wie ging es im neuen, vereinten Deutschland für sie weiter? Rügen hat sie: Menschen mit ihren spannenden Geschichten, authentisch, ehrlich, emotional, überraschend. Jede Woche des neuen Jahres steht für 52 dieser Gesichter, die immer freitags in Kurzfilmen auf Youtube (youtube.com/wirsindinsel), Vimeo und im Blog www.wirsindinsel.de gezeigt werden: Plattdänzer und Plattschnacker, „Ureinwohner“ und Neurüganer, Sänger, Künstler, Mitgestalter, eine Meisterin, der Wetterfrosch, der Nachbar und die Nachbarin. Spannende Geschichten, die zeigen, wie tief so manche Wurzel in die Rügener Geschichte hinein reicht, was Glück und was Heimat bedeuten und wie sich Zeiten und Menschen ändern, ob Wünsche und Träume wahr wurden oder Hoffnungen sich vielleicht doch nicht erfüllt haben. #25JAHRE ist ein Projekt voller Emotionen, ein Stück bewahrter Zeitgeschichte, ein Teil von Rügen.
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