Wer gegen Abend eine Wanderung in den Zauberwald der Granitz unternimmt, der kann dabei eines der schönsten Märchen der Insel Rügen kennen lernen. Über den Hochuferweg nördlich der Seebrücke von Sellin geht es durch den Buchenwald zum mystischen schwarzen See. Der Sage nach wird hier bei Einbruch der Dämmerung gelegentlich ein Jüngling in prächtiger Kleidung erblickt, der seine Jagdwaffe geschultert und einige erlegte Hasen über die Schulter geworfen trägt. Stumm starrt er in den See und klagt: „Noch heute Morgen stand an dieser Stelle mein Schloss.“ Der Prinz hätte sein Schloss retten können. Nachdem es versunken war, dümpelte ein kunstvoll gearbeiteter Stuhl auf dem Wasser herum. Statt den Stuhl, als Symbol der Gastfreundschaft, vor dem Wasser zu retten, hatte der eitle Königssohn nur seine Handschuhe ergriffen, die er morgens dort vergessen hatte. Darauf versank der Stuhl im See und es blieb ihm nichts außer der Kleidung, die er am Leibe trug.
Wer mutig genug ist, in das Fantasieschloss einzutreten, wenn seine Zinne sich an der Wasseroberfläche zeigen, der kann das Schloss wieder auftauchen lassen, sagt die Legende.
Da noch keiner wagemutig genug war, dies zu tun, beschlossen die pragmatischen Selliner, sich einfach nahe der Ostsee neue Schlösser zu bauen. Etwas kleiner und oft aus Holz, mit Balustraden, Erkern und Türmchen und dazu eine Seebrücke, die wie ein Märchenschloss über der Ostsee thront. Wenn hier zu Sylvester die Korken knallen, dann ist es so laut, dass man nicht mehr hören kann, wie auch im versunkenen Schloss tief im schwarzen See eine unheimliche Festgesellschaft jubelnd feiert. Der Prinz verwandelte sich mit der Dunkelheit in einen knorrigen Eichenbaum, der auch heute noch am Ufer steht.
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