Otto (macht) das Brot


Susanne Burmester lebt seit 1990 auf Rügen. Sie schreibt über Kunst und Künstler, für spannende touristische Imageprodukte und gerne über kulturelle Höhepunkte des Insellebens. Als Galeristin für zeitgenössische Kunst ist sie viel unterwegs. Das schärft den Blick für das Glück... mehr

Donnerstags ist Backtag an der Bockwindmühle in Altensien. Dann knetet Bäckermeister Ehrke den Sauerteig ordentlich durch und schiebt leckere Brote nach altem pommerschem Rezept in den Holzbackofen.

Ein bisschen sieht die Altensiener Bockwindmühle aus, wie ein Kind sie malen würde.
Das kantige Mühlenhaus steckt auf einem hölzernen Bock, oben gibt es vier Flügel und an der Seite einen langen Hebel, mit dem man die ganze Mühle in den Wind drehen kann. Doch ihre einfache Konstruktion war ein frühes Wunderwerk der Technik, das mehr Einfluss auf die Kulturgeschichte der Insel Rügen hatte, als man glauben möchte. Wer aus Getreide Korn machen konnte, der hatte Macht und Wohlstand. Unter der Herrschaft der Fürsten zu Putbus, waren die kleinen Bauern verpflichtet, ihr Getreide beim örtlichen Müller zu mahlen – und dieser erhielt dafür seinen Anteil. Ob das immer richtig bemessen war, konnte schlecht kontrolliert werden. Darum hatten die Müller nicht immer einen guten Ruf.

Um 1700 schlossen die Müller der Insel Rügen sich zum „Rügenschen Mülleramt“ zusammen. Wenn es in der Zunft Streit gab, sorgte ein unabhängiger Schiedsherr für Ordnung. Dazu traf man sich auf den so genannten „Morgensprachen“. Dabei wurde mit tonnenweise Bier pfundweise Rindfleisch und auch ordentlich gefeiert, wie alte Verpflegungslisten beweisen. Schon 1396 wurde eine Bockwindmühle im benachbarten Lancken-Granitz in den Urkunden erwähnt.

Noch um 1900 wurde auf Rügen in mehr als 200 Holländer Mühlen und verschieden großen Bockwindmühlen gemahlen.
Bauer Schälke besaß die Mühle in Altensien. Nach dessen Vorbild hat der letzte Mühlenbaumeister in Mecklenburg-Vorpommern die heutige Bockwindmühle errichtet.

Das Dorf Altensien ist ein schönes Ausflugsziel mit dem Fahrrad und die Bockwindmühle ist etwas Besonderes – denn bäuerliche Kleinmühlen zum Schroten, wie diese gab es nur sehr wenige. Außer der hölzernen Mühle, die gelegentlich auch in Betrieb genommen wird, stellt eine Ausstellung im Gerätehaus die Geschichte der Mühlen im Südosten der Insel Rügen dar. Im Sommer wird regelmäßig donnerstags um 14 Uhr der Holzbackofen angeheizt, um nach altem pommerschem Rezept Brot zu backen. Wenn Bäckermeister Otto Ehrke aus Sellin zu Pfingsten, das erste „suurdeig brod“ in den Ofen einschießt – dann stehen alle drumherum und lecken sich die „Schnuten“.


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