Aller guten Dinge sind drei. Das könnte auch über den beiden letzten Tagen des Oktobers und über dem ersten Novembertag stehen, denn das Inseltheater in Putbus zeigt jeweils um 19.30 Uhr einen Teil der Tom-Waits-/Robert-Wilson-Trilogie mit den Inszenierungen „The Black Rider“, „Alice“ und „Wojzeck“. Damit bringt das fürstliche Schauspielhaus zusätzlich Farbe, Licht und Kultur in den Herbst. Die einzelnen Stücke sind deutschlandweit schon vom Publikum mit viel Lob bedacht worden, erstmals werden sie aber an drei aufeinanderfolgenden Tagen gezeigt, eine Deutschlandpremiere und ein Muss für alle Freunde des bildreichen Theaters und für Fans der Stücke des genialen Duos Wilson/Waits.
„The Black Rider“
ist am 30. Oktober zu sehen: Sage nie: Das kann ich nicht! Vieles kannst du, will‘s die Pflicht. Alles kannst du, will‘s die Liebe…“ mag sich Wilhelm gesagt haben, als er, ganz gegen seine Neigung, schießen lernen musste. Er, ein Büroschreiberling! Aber die Försterstochter Käthchen, so man sie denn liebt, bekommt man nur als Meisterschütze. Und den Förstertitel auch, logisch. Wenn man nun aber so unbegabt ist wie Wilhelm? Und die Konkurrenz um Mädel und Titel leibhaftig (der Jägersbursche Robert) und bedrohlich (weil nachweislich talentiert im Schießen)? Wie auch immer – Wilhelm muss bestehen beim berühmten Probeschuss. Darum hat er sich der Magie ergeben. Und dass das meistens böse endet, wissen wir schon lange. Auch die Volkssage vom „Freischütz“ berichtet davon. Carl Maria von Weber komponierte nach ihr eine berühmte Oper. Und das Duo Wilson/Waits machte aus dem Stoff ein Musiktheaterstück, das seit seiner Uraufführung 1990 am Hamburger Thalia Theater einen Siegeszug durch die deutsche Theaterlandschaft angetreten hat, wie ihn sich Autoren nur erträumen können. Das erste gemeinsame Projekt war THE BLACK RIDER.
„Alice“
wird am 31. Oktober gezeigt: Im Juli 1862 rudern Charles Lutwidge Dodgson und Pfarrer Duckworth mit Lorina, Alice und Edith Liddell auf der Themse, von Oxford nach Godstow, um dort zu picknicken. Die Fahrt dauert. Die Mädchen wollen eine Geschichte. Und sie bekommen sie. Dodgson – Mathematiker, Denker, Schriftsteller – lässt seiner Fantasie freien Lauf: Da ist dieses Mädchen, das in ein Kaninchenloch fällt… Die kleine Alice liebt diese Geschichte so sehr, dass sie Onkel Dodgson bittet, sie aufzuschreiben.
Ohne Alice gäbe es keine „Alice im Wunderland“, gäbe es dieses Kultbuch nicht, das seither Kinder, Mathematiker, Fantasten und Logiker in seinen Bann zieht. Wie in einem Traum entfalten sich darin die Assoziationen. Und genau darauf beziehen sich Komponist Tom Waits, Regisseur Robert Wilson und Autor Paul Schmidt in ALICE: Es ist ein assoziatives Gesamtkunstwerk aus klingenden Nonsens-Texten und sensibler Notenpoesie. So spüren sie dem innigen Band nach, was den berühmten Autor und das Mädchen Alice verband. Sie gewähren Einblicke in Dodgsons Kopf und begeben sich auf Spurensuche nach diesem Motiv, das ihn zum Schreiben und auch zum Fotografieren anregte und ihn letztlich zu einer lebensbegleitenden, verzweifelten Suche nach dem ästhetischen Urbild unschuldiger Schönheit aufbrechen ließ. Ein bewegender, berührender Abend.
„Woyzeck“
kommt am 1. November auf die Bühne des Theaters Putbus: Der Mensch, die Kreatur, nix, gar nix… Woyzeck ist gefangen. Kleiner Soldat, kleiner Mann, Versuchskaninchen der Medizin, Untergebener, Gehörnter, Getretener, Opfer. Naja, sind sie denn freier, die Befehlenden, Betrügenden, Tretenden? Der Doktor, der Hauptmann, der Tambourmajor? Oder Marie, Woyzecks Geliebte? Alles Marionetten! Die sich nur so bewegen, wie ihre Funktion es erlaubt. Und die Welt? Ein Karussell, es geht rund und rund, nirgendwohin, und schon gar nicht voran. Ein Rummelplatz, auf dem sich Schuld und Entschuldigung tummeln. Moral? „Das ist, wenn man moralisch ist“. Aha. WOYZECK von Robert Wilson, Tom Waits und dessen Frau, der Texterin Kathleen Brennan, basiert auf dem gleichnamigen Dramenfragment Georg Büchners aus dem Jahr 1837 – einem der einflussreichsten und meistgespielten Dramen der deutschen Literatur. Tom Waits hat zu WOYZECK eine Musik geschrieben, brutal und mitfühlend, aggressiv und romantisch. Und sagt über das Stück: „WOYZECK bringt einen dazu, Angst um die Figuren zu bekommen und über das eigene Leben nachzudenken. Ich schätze mal, mehr kann man von einem Stück nicht verlangen.“ Nicht wahr?
Lassen Sie sich verzaubern vom Putbusser Theaterherbst.
Diese Theatertage sind eine Veranstaltung der Theater Vorpommern GmbH in Kooperation mit „Belaqua theater wasserburg“ der Theater Initiative e.V. München und dem Förderverein des Theaters Putbus.
Tickets:
http://www.theater-vorpommern.de/theater/theater-putbus/
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