Film-Insel Rügen: In Binz, im größten Ostseebad auf Deutschlands größter Insel, hat der Erfolgsregisseur Andreas Dresen („Die Polizistin“, „Halbe Treppe“ und „Sommer vorm Balkon“) im Jahr 2007 einen Kinostreifen gedreht. Und wir waren dabei:
Schon der Arbeitstitel lässt Hochprozentiges erwarten:
Das Wetter spielt mit bei den Außenaufnahmen vor dem Kurhaus in Binz. „Die Innenaufnahmen machen wir mit Rücksicht auf den Hotelbetrieb später in einer nachgebauten Suite in Babelsberg. Und einen historischen Speisesaal haben wir in einem alten Hotel in Dresden gefunden“, verrät Regisseur Andreas Dresen. „Ein bisschen wird immer geschummelt beim Film.“ Wie in der Szene, in der Henry Hübchen („Alles auf Zucker“) im Strandkorb erschossen wird.
Zwei Stunden war der Schauspieler in der Maske, hatte eine neue Stirn bekommen, unter der ein Kinoblutpäckchen im richtigen Moment gezündet werden soll. Am Hinterkopf auch. Ein Schuss fällt. Blut spritzt. Der Mann im Strandkorb sackt zusammen.
Die Szene ist im Kasten. Und der zart cremefarbene Anzug im Eimer.
Erzählt wird die Geschichte des begehrten und beliebten Schauspielers Otto Kullberg (Henry Hübchen). Doch Otto hat ein Alkoholproblem. Kullberg, der Mann, der immer im Zentrum stand, stellt fest, dass er selbst keines hat. Ein heiter-dramatisches und melancholisches Stück nach einem Buch von Wolfgang Kohlhaase mit Corinna Harfouch in der Rolle der Regisseursfrau und Ex-Geliebten von Otto Kullberg.
Dass er nach Drehschluss seine Gitarre auspackt und auf dem Kurplatz für Stimmung sorgt, ist für ihn die normalste Sache der Welt – wie die Atmosphäre am Set: hoch konzentriert, aber locker. Ein „gegenseitiges Geben und Nehmen“, was dem Regisseur, den Schauspielern und den Statisten gefällt. Entspannt geht es auch zu beim Licht und Ton. Die Ruhe selbst ist der echte Kameramann Andreas Höfer. Nach dem „tödlichen“ Schuss wird schließlich auch seine Kamera „umgelegt“. So heißt das, wenn das Filmmaterial gewechselt wird. 18 Kilo wiegt das Aufnahmegerät, das er auf den Schultern trägt. „So viel, wie ein Kasten Bier“, sagt er lachend. Drehpause bei etwas über zehn Grad: Zum Aufwärmen gibt es weder Bier noch „Whisky mit Wodka“, dafür Tee und Kaffee.
Mecklenburg-Vorpommern: ein Film-Land. Und Rügen: eine Film-Insel mit Zukunft und sehenswerten Drehorten, mit reizvoller Landschaft, ursprünglicher Natur, malerischem Licht. „Whisky mit Wodka“ gab es dann doch noch, fein gemixt und Monate später bei der Vorpremiere. Wo? Natürlich in Binz!
August 2009:
Das behauptet Produzent Christoph Müller und schiebt leicht abgewandelt ein Filmzitat nach: „Liebe, Tod und Wetter, das sind die größten Phänomene des Lebens.“ Licht aus auf dem Kurplatz von Binz. Film ab! Das Meer rauscht live, der Filmprojektor rattert. Original-Möwengeschrei mischt sich mit dem Filmton.
Auf der Leinwand: das Kurhaus von Binz, der Strand und Akteure am Filmset, eine melancholische Komödie über zwischenmenschliche Beziehungen. Im Mittelpunkt und doch am Rande steht, wankt, fällt, liebt und lallt der trinkende Schauspieler Otto Kullbach (Henry Hübchen), der sicherheitshalber in jeder Szene von einem Kollegen (Markus Hering) gedoubelt wird. Einmal fragt er den Regisseur (Sylvester Groth), wo denn der Originalschauplatz sei, an dem sich diese Geschichte vor vielen Jahrzehnten ereignet haben soll. „In Bad Kissingen, sagt der „Und wieso drehen wir dann an der Ostseeküste?“ Antwort: „Wir haben Geld aus Mecklenburg-Vorpommern.“ Ein Raunen geht durch die Menge.
„Diese Szene beschreibt ein wenig das Dilemma der Filmproduktionen, dass sie dahin gehen müssen, wo das Geld herkommt – damit es auch dort wieder ausgegeben wird“, so Regisseur Dresen anschließend in einer Talkrunde. Aus MV habe er in diesem Falle aber kein Geld erhalten, weil es damals noch gar keins gab. „Aber wir haben trotzdem hier gedreht. Und wir haben hier auch gern viel Geld ausgegeben. Es war eine wunderbare Zeit.“ Und Corinna Harfouch bestätigt dies. „Ich kann mich nicht erinnern, jemals so glückliche Dreharbeiten gehabt zu haben“, sagt sie. „Das lag ganz sicher an Binz.“
Die Atmosphäre am Set sei familiär und herzlich gewesen, „geprägt von Feierlust, aber auch von großer Ernsthaftigkeit bei der Arbeit“. Mit Andreas Dresen habe sie zum ersten Mal gedreht. Sie lacht: „Furchtbar, dieser Mann, wirklich anstrengend in seiner Herzlichkeit, Gutmütigkeit, Intelligenz. Man hat einfach nichts, worüber man sich ärgern kann.“ Dresen verstehe es, auf sehr angenehme Weise zu motivieren.
Heiner Müllers Worte: „Arbeit, die wir gern tun, ist keine Arbeit“, würden auf diese Zeit voll zutreffen.
Der Film „Whisky mit Wodka“ hebt sich hervor, ein heiter-bekömmlicher Cocktail zum Nachdenken. Mit tiefen Einblicken in die menschliche Seele und ins Filmgeschäft. Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase lässt den Regisseur Telleck sagen: „Man macht einen Film ja nicht, weil man Bescheid weiß, sondern um etwas herauszufinden. Film ist Vermutung. Es geht um immer neue Bilder für die Dinge, die sich immer wiederholen. Die großen Phänomene: Die Liebe, der Tod und das Wetter.“
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