Im Mai 2010 wurde auf Rügen der Simmel-Roman „Niemand ist eine Insel“ verfilmt. In den Hauptrollen: Iris Berben und Henning Baum.
Tiefblau färbt sich der Abendhimmel über Binz. Unbarmherzig pfeift der Wind aus Nordost. Die sechs Grad plus fühlen sich an wie ein Tiefkühlfach mit Gebläse. Gänsehaut? Putenpelle pur! Und das im Wonnemonat Mai.
Auf dem Seebrückenkopf bangt der Kameramann um seine Akkus, fängt aber mit zauberhaften Bildern die blaue Stunde ein, das hell erleuchtete Kurhaus, die Lichter von Binz, die sich aufbäumenden Wellen mit ihren Schaumköpfen, den fernen Möwenschrei.
Inzwischen hat die Crew auf dem Kurplatz die Scheinwerfer aufgebaut und Teile der Promenadenbeleuchtung verdunkelt, damit die Kamera später nicht irritiert wird. Ein Requisiteur beseitigt mit schwarzer Klebefolie störendes Streulicht am linken Scheinwerfer eines Luxus-Geländewagens. Und die Komparsen Andrea, Anja, Dana, Franziska, Andreas und Timo halten sich trampelnd, hüpfend und mit Tee und Kaffee warm. Ihre Komparsenpremiere. Aus Rostock sind die zukünftigen Lehrer, der BWLer, die Psychologin und die Radiofrau schon gegen Mittag angereist und wissen spätestens seit heute: Drehen heißt warten.
Regisseur Carlo Rola sitzt in einem schwarzen Zelt, hat mehrere Monitore vor und einen langen Arbeitstag fast hinter sich: „Vor zwölf Jahren habe ich schon einmal auf der Insel gedreht, damals mit Sebastian Koch, Hannelore Elsner und Jan Niklas. Die Ostsee war ganz weit zugefroren. Kalt war es heute auch, aber wir hatten einen wunderbaren Drehtag bei fantastischem Licht. Die Drehorte hier auf Rügen waren perfekt. Im Nationalpark Jasmund haben wir mit einem verkleinerten Team gedreht.“
Er wird zur Szenenprobe gerufen. Forsch fährt er fast bis an die Kamera heran, springt aus dem Auto, gibt dem Komparsen Timo den Autoschlüssel und hastet die Treppe der Kurhausterrasse hinauf, vorbei an den Statisten Franziska und Andreas. Dann hört er: „Alles okay! Alles auf Anfang! Ruhe bitte!“
In der Kurhaus-Lounge wärmt sich Iris Berben auf. Die Schauspielerin war viele Jahre mit dem Schriftsteller Johannes Mario Simmel befreundet. „Wir versuchen, seine Romanvorlage mit in die heutige Zeit zu nehmen, denn dieser Stoff ist nicht an eine gesellschaftspolitische Zeit gebunden. Es geht um einen Star, der in der Welt des Films aufgeht, der für seine Karriere aber alles vernachlässigt, das Kind, den Partner. Und nach einer Wohltätigkeitsgala für behinderte Kinder kommt es zu einem erschreckenden Ausbruch, für den Sylvia Moran teuer bezahlen muss.“
Auf Rügen sei sie schon einmal gewesen, vor 14 Jahren. „Und es konnten sich tatsächlich zwei Mitarbeiter des Hotels noch daran erinnern. Das hat mich sehr überrascht.“ Sie schwärmt vom Drehort an den Kreidefelsen: „So schön ist es hier. Da fällt einem wieder ein, warum die Maler und Dichter in ihren Werken sich dieser Landschaft gewidmet haben. Rügen wäre auch ein Urlaubsziel für mich. Es sind ja nur dreieinhalb Stunden von Berlin bis zur Insel.“
Die letzte Klappe fällt. Alles im Kasten. Henning Baum hat ein Präsent in der Hand. „Über das kleine Geschenk nach der letzten Klappe habe ich mich sehr gefreut. Hier am Set werden noch alte Werte gepflegt. Es ist ein gutes Miteinander.“ Feierabend. Die Requisite baut ab. Nachtruhe für Schauspieler und Scheinwerfer. Die Komparsen steigen in ihre Autos, drehen die Heizung auf „Maximal“. Sie fahren nach Rostock. Und eines Tages sind sie im vielleicht im Fernsehen zu entdecken – für einen Wimpernschlag der Geschichte.
Anmerkung der Redaktion: Von wegen „Niemand ist eine Insel“. Wir sind Insel ;0)
Fotos: Holger Vonberg
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