Es sollte ein ganz normaler, gemütlicher Strandspaziergang werden – und entwickelte sich doch zu einer fieberhaften Schatzsuche, einer Jagd nach den kleinen Kostbarkeiten der Ostsee. Es packte uns und ließ uns nicht wieder los. Was wir nicht suchten und doch fanden? Nicht etwa eine Kiste voll Gold, einen verschollenen Schatz oder die von der Ostsee an den Strand gespülte Beute von Piraten. Nein, was wir – gebückt auf den Strand starrend – fanden, war uraltes Harz, noch viel ältere Steine und versteinerte Zeugen einer unvorstellbar fernen Zeit: Wir fanden Bernsteine, Hühnergötter, Donnerkeile und Fossilien. Wegen dieser kleinen Schätze konnten wir unseren Blick stundenlang nicht heben, bückten uns unzählige Male, sortierten „falsche“ Fundstücke aus. Goldrausch à la Ostsee.
Fast wären wir achtlos dran vorbei gelaufen, hätte nicht zufällig gerade die Sonne auf den winzigen, honiggelb leuchtenden Bernstein-Splitter auf dem feuchten Strandsand geschienen.
Der letzte Sturm muss ihn aus den Tiefen der Ostsee hier an Land gespült haben. Eigentlich sind Bernsteine nichts anderes als fossiles Harz – uralt natürlich. Und anders als der Name vermuten lässt, auch kein Stein. Trotzdem: Seine Farbe – die von hellgelb bis braun und sogar grünlich variieren kann – und die Tatsache, dass er sich relativ leicht bearbeiten lässt, haben ihn schon vor tausenden Jahren zu einem beliebten Schmuckstück gemacht. So hat man im fernen Ägypten Bernstein-Artefakte gefunden, die über 6.000 Jahre alt sind. Bernstein galt schon früh als Zeichen von Luxus und Macht, diente als wertvolles Tauschmittel und galt als heilkräftiger Talisman. Nach einem stürmischen Wind aus dem Osten stehen die Chancen auf einen Bernstein-Fund an den Rügener und Hiddenseer Ostseestränden besonders gut.
Eine ähnliche Farbe wie der Bernstein haben die sogenannten Donnerkeile. In ihrer Form ähneln sie eher Speerspitzen oder Gewehrpatronen. Sie spitz zulaufenden, kegelförmigen Gebilde sind die versteinerten Überreste von Belemniten, fossilen Kopffüßern, die man heute wohl am ehesten mit Tintenfischen oder Kalmaren vergleichen könnte. Sie sind bis zu 358 Millionen Jahre alt und galten früher ebenso wie der Bernstein als Heilmittel und wurden daher gern als Amulett getragen.
Ganz anders die Hühnergötter – sie sind tatsächlich „richtige“ Steine. Und zwar Feuersteine mit Loch.
Diese Löcher in den Feuersteinknollen sind einst Kreideeinlagerungen gewesen, die die Witterung im Laufe der Jahrtausende herausgewaschen hat. Ihren Namen haben die Hühnergötter aus dem uralten Volksglauben, dass die Steine das Geflügel im Stall vor bösen Geistern schützen könne. An der Jasmunder Kreideküste, dort wo der Strand aus Milliarden Feuersteinen besteht, kann man Hühnergötter und viele andere Fossilien wie versteinerte Seeigel und Muschelabdrücke finden.
Man braucht nur ein bisschen Geduld, ein gutes Auge und etwas Glück – dann wird ein einfacher Strandspaziergang ganz schnell zu einer fieberhaften Schatzsuche…
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