Was haben Rügen und Monaco gemeinsam? Richtig, die vielen Sonnenstunden.
Und was noch? Genau – den Fürstlichen Yachtclub. Yachtclub? Auch noch Fürstlich? Klingt merkwürdig, aber genau so ist es: Auch Deutschlands größte Insel fährt unter adligen Segeln.
Die Geschichte des ›Fürstlichen Yachtclubs Putbus‹ beginnt mit einem Donnerschlag. Am 24. Juli 1924 tobte ein Gewittersturm über dem Eiland. Ein gewaltiger Blitz traf auch den Geräteschuppen der Lauterbacher Fischer. Der nachfolgende Brand vernichtete die Netze, die Reusenstangen, das Holz für neue Boote.
Als das Feuer gelöscht war, standen die Fischer des kleinen Ortes nahe Putbus vor dem Nichts. Sie waren, im wahrsten Sinne des Wortes, ausgebrannt.
Doch Hilfe folgte prompt, und zwar von den Mitgliedern des Potsdamer Yachtclubs. Die waren eigentlich auf eine große Sause aus, denn am 25. Juli sollte das traditionelle Fischerfest der Lauterbacher stattfinden. Eben dafür hatten sie den Törn aus dem fernen Brandenburg an Rügens Küste gestartet. Jetzt aber berieten die Segler, wie sie den hiesigen Fischern am besten helfen könnten. Eine Idee wurde geboren und in die Tat umgesetzt: Die Gründung des ›Fürstlichen Yachtclubs Putbus‹. Als Schirmherrin des Clubs gewannen sie die Fürstin Marie zu Putbus, zu den Gründungsmitgliedern gehörten vor allem die Potsdamer Segler. Bereits im Dezember des selben Jahres konnte der Verein eine Spende von 500 Reichsmark in den Norden senden.
Die Unterstützung der Fischer blieb – neben dem Segeln – das vorrangige Ziel des Yachtclubs. ›Leben und leben helfen‹ wurde zum Wappenspruch des Segelvereins.
Zur seinerzeit berühmten Pommernwoche stauten sich im kleinen Lauterbacher Hafen die Schiffe. Legendär die Regatten, die auch schon mal bis Bornholm führten. Immer mit dabei – als Organisatoren oder Skipper – die Mitglieder des fürstlichen Segelclubs. Die Einnahmen solcher Veranstaltungen kamen auch den Fischern des Ortes zugute. Kein Wunder also, wenn eine Rügensche Zeitung in den 30ern schwärmte: ›Lauterbach wurde … ein fester Programmpunkt in der deutschen Ostsee-Segelei, während … das Lauterbacher Fischerfest einen Ruf erlangte, der jetzt schon weit über die Grenzen der Insel hinausreicht.‹
Ein so genannter ›Notstandsfonds‹ sollte – zumindest finanziell – weiteres Leid mindern. Festgelegt wurde eine Summe von jährlich 1.000 Reichsmark. Ihre Verteilung überwachte die regierende Fürstin. Nicht nur das Zeug der Fischer konnte so bezahlt werden. Auch eine Gemeindeschwester, eine Kinderbibliothek, sogar Hochzeiten wurden auf diese Art unterstützt. Und konnte eine Fischerfamilie Operationen nicht selbst tragen, sprang der ›Fürstliche Yachtclub Putbus‹ dafür ein.
Bis zum Jahre 1942 sind so rund 40.000 Reichsmark zusammen gekommen, eine erhebliche Summe zu jener Zeit. Gebührend gefeiert wurde sie auf dem jährlichen Räucheraalessen in Berlin. Meistens fand es im Januar statt. Dann tauschten die Fischer Südwester und Ölzeug gegen Hut und flotten Anzug, packten sich die vollen Aalkisten unter den Arm und zogen gen Hauptstadt. Die Fischer lieferten den Aal, die Potsdamer die Räumlichkeit, der Erlös floss zurück nach Rügen.
Doch auch solch Frohsinn konnte die Schatten jener Zeit nicht erhellen: Längst prangte das Hakenkreuz im Wappen. Und die jüdischen Mitglieder des Clubs stiegen auch nicht mehr in den Zug nach Berlin. Sie waren bereits lange zuvor ausgeschlossen worden. Zu einem neuen Festessen kam es nicht mehr – ab 1943 ruhte das Vereinsleben.
So sollte es rund zwei Jahrzehnte bleiben. In der DDR hatte niemand Interesse an dem ›Relikt der Ausbeuter‹, hier herrschte jetzt der Partei-Adel. Außerdem wäre es mit dem jährlichen Räucheraalessen schwer geworden – Aale wurden in Devisen aufgewogen, mit ihnen bezahlte man Autoersatzteile samt Reparaturen, Klempner und anderen sozialistischen Luxus.
Dennoch überlebte der ›Fürstliche Yachtclub Putbus‹, allerdings im Exil: Fritz Bruhn, ein ehemaliges Vereinsmitglied, hauchte ihm neues Leben ein. Nur nicht in Putbus, sondern in Düsseldorf. Das war – eine kleine Pointe der Geschichte – 1963. Etwa zu jener Zeit also, als die DDR-Fürsten das Schloss von Putbus in die Luft jagten, damit sich auch die ›letzten Reste des Feudalismus‹ in Rauch auflösten. Auferstanden aus Ruinen erstand der ›Fürstliche Yachtclub Putbus‹ neu.
Erst nach der Wende kam der ›F.Y.P.‹ wieder zurück in seinen Heimathafen. In den 90er Jahren übergab Gerd Nissen einen lange gehüteten Schatz seines Vaters Adolf, der zu den Vereinsgründern zählt: Alte Pokale des Segelclubs, originale Anstecknadeln, einen zwar verwitterten, aber garantiert echten ›F.Y.P.‹-Wimpel von annodunnemals. Mittendrin das inzwischen reichlich blasse, aber immer noch stattliche Wappen des Vereins samt den drei Kronen und dem Greif.
Noch gibt es kein neues Vereinshaus, doch der Wimpel des ›F.Y.P.‹ weht längst wieder im Lauterbacher Wind. Die alten Statuten gelten, bis auf kleine Änderungen, ebenfalls wieder. Und auch einen ›adligen‹ Commodore und Takelmeister hat Putbus wieder – so heißen hier der Vorsitzende und der Stellvertreter des Vereins.
Seinen Glanz von einst hat der ›Fürstliche Yachtclub Putbus‹ aber noch nicht zurück. Noch drängeln sich nicht die Jollen im kleinen Hafen Lauterbachs. Noch ist er nicht, wie einst, bunt bewimpelt und beflaggt zu regelmäßigen Regatten. Doch der ›GOOR-CUP‹, eine Dreiecks-Regatta vor Lauterbach oder die ›Boddenetappenregatta‹, eine Segelregatta von Greifswald nach Lauterbach, stehen bereits im Logbuch des Vereins. Derzeit hat er über 70 Mitglieder. Die wenigsten besitzen ein Segelboot. Dafür klebt das Wappen des ›Fürstlichen Yachtclubs Putbus‹ an manchen Autos. Immerhin: Räucheraale gibt es längst wieder, gleich am Hafen.
F.Y.P. Foto: Archiv Jaich . Text: M. Brandenburg
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